25 JAHRE GSTAAD YACHT CLUB – The Peak Club

Ein Yacht Club in den Bergen? Das sorgt selbst 25 Jahre nach der Gründung noch oft für Verwunderung. Dabei ist ja die Spezies der Yachtsmen bekannt für ihre oft spleenigen Einfälle. Man könnte es also durchaus nachvollziehen, wenn eine Gruppe Salzbuckel weit ab vom Meer einen Platz sucht, wo man unter Seinesgleichen fachsimpeln, Seemannsgarn spinnen oder einfach an der Bar einen wohlverdienten Drink geniessen kann. Aber war es wirklich so?

Vom Cyberclub zum Clubchalet

Die Geschichte des GYC beginnt anders. Eigentlich wünschte sich René Fatton 1996 nur einen passenden Clubstander für seine edle Riva, mit der er vom Port de Saint-Tropez um das Kap in den Club 55 brauste. Und wie wäre es mit einem passenden Wappen für seinen dunkelblauen Blazer? So entwarf er das Logo eines fiktiven Yacht Clubs de Gstaad und liess Stickers, Strandtücher und vieles mehr anfertigen. Seiner Entourage, die zwischen Saint-Tropez im Sommer und Gstaad im Winter pendelte, gefiel die Idee. Als er beim Mittagessen im Eagle Ski Club angesprochen wurde, wie man Mitglied in diesem Club werden könne, kam die Sache ins Rollen. Und getreu der Erkenntnis von Jacques-Yves Cousteau, “dass nur unmögliche Missionen die einzigen sind, die Erfolg haben “, fanden sich 10 Gründer, welche die ungewöhnliche Idee in einen echten Club umsetzen wollten. Nachdem alle nötigen organisatorischen und amtlichen Hürden genommen waren, wurde der Gstaad Yacht Club am 28. Februar 1998 offiziell gegründet. Als Commodore wurde George Nicholson gewählt, bestens vernetzt nicht nur in der englischen Yachtingsszene. Sechs Monate später liess sich His Majesty King Constantine von der Idee begeistern, seitdem stand er dem Club als engagierter Schirmherr vor.

Der erste Event hatte zum Ziel, die nötige Mitgliederbasis zu schaffen. Wie aussergewöhnlich dieser Club war, zeigte sich schon bei diesem Anlass im Hotel Olden. Die Wintersportgäste wunderten sich zwischen Weihnachten und Neujahr über die voll getakelte Segeljolle in der verschneiten Fussgängerzone von Gstaad – es war das Olympia-Starboot von Initiant Peter Erzberger, dem Rear Commodore des frisch gebackenen Yachtclubs. Dessen Frau Liliane war in letzter Minute zur Ergänzung der erforderlichen 10 Gründermitglieder eingesprungen – und ist bis heute eine tatkräftige Stütze bei der Cluborganisation. Als die 10 Clubgründer in der Winterkälte für das Erinnerungsfoto posierten, vertraten sie 8 Nationen – der Grundstein für einen global denkenden und handelnden Club war gelegt.

Die Aktion mit dem Star vor dem Hotel schaffte es zum Talk of the Town und das Netzwerk der ersten illustren Members löste bald schon einen wahren Schneeballeffekt auf die Mitgliederzahlen aus. Das Motto des GYC “Let’s create a global yacht club away from the water instead of another local club by the water” überzeugte – und der virtuelle Club durfte 50 neue Mitglieder begrüssen. Als Clubhaus-Ersatz diente weiterhin das Hotel Olden, aber schon bald machte man sich an die Planung für etwas Eigenes.

Seglerische Aktivitäten auf Clubebene konnten dank Einladungen des Yacht Club de Monaco stattfinden, welcher den GYC für Regatten ans Mittelmeer einlud. Daraus entstand die intensiv gepflegte Zusammenarbeit mit zahlreichen weiteren Yachtclubs, mit denen man eine gegenseitige Relation eingeht oder zu befreundeten Clubs für gemeinsame Aktivitäten reist. Ebenfalls auf Einladung des YC Monaco wurde die Basis für die Protégé-Initiative des GYC geschaffen. Junge Menschen aus dem Saanenland erhielten damit Zutritt zu einem seglerischen Ausbildungsprogramm, durften auf der Klassikyacht Tuiga des YCM mitsegeln und kehrten mit einem Segelschein für grosse Yachten zurück.

Nun war es am GYC, andere Clubs zu einer Challenge einzuladen. Im Februar 2000 findet dann zum ersten Mal der Ski & Yachting Event statt, der sich in der Folge zu einem Markenzeichen des Clubs entwickelt. Mit der Hilfe und der Teilnahme des lokalen Eagle Ski Clubs stürzen sich die Teams des Yacht Club de Monaco, der Royal Yacht Squadron (Peter Nicholson, der Bruder des GYC Commodores George, war gerade Vorsitzender geworden) und des GYC beim Riesenslalom auf die Piste. Doch nicht nur die allerbesten Skicracks können hier gewinnen. Denn es gilt, zwei Läufe in möglichst derselben Zeit zu absolvieren. So kommt es, dass selbst ein Läufer von den Bahamas dank seiner beiden auf die Sekunde genau gleichen Läufen die gesamte Konkurrenz hinter sich lassen konnte.

Von der Piste geht es dann jeweils ins Hallenbad, wo funkgesteuerte America’s-Cup-Modelboote von grossen Windmaschinen übers Wasser getrieben werden. Die Segelduelle der Old Boys mit Toys wurden so hitzig ausgetragen, dass schon bald kompetente, internationale Match Race Umpires gefordert waren. Spätestens bei den legendären Preisverleihungen waren die Gemüter wieder beruhigt und es wurde (und wird) ausgelassen gefeiert.

Doch noch immer fehlte ein geeigneter Ort, wo man nicht nur feiern, sondern auch zusammenkommen konnte. Verschiedene Projekte wurden geprüft und verworfen, bis der Zufall (oder war es Schicksal?) zu Hilfe kam. GYC-Member und Segler Thomas Straumann bot nach dem Kauf des Grand Hotel Bellevue die Möglichkeit, einen Clubsitz an zentraler Lage zu realisieren. Die Aussicht auf ein eigenes Clubhaus beflügelte die Mitgliederzahl, so verzeichnete der Club Ende 2002 bereits 111 Voll- und 35 Junior-Members.

Die Roofing-Feier des multifunktionalen Clubhauses pünktlich zum 5. Geburtstag des GYC stand unter einem guten Stern. Clubmember Ernesto Bertarelli hatte gerade mit Alinghi den America’s Cup für die Schweiz erobert. Die Welle der Begeisterung kannte keine Grenzen, das Mitgliederbarometer stieg auf 160 reguläre Members sowie 60 Junior-Mitglieder.

Nach dem Innenausbau präsentierte sich das Chalet-Clubhaus in seiner heutigen Form. Wahre Eyecatcher waren Grossvergrösserungen von Yachtbildern, die Daniel Forster mit der Kamera eingefangen hatte. Wo sich in anderen Clubs die Rezeption befindet, steht im GYC eine maritime Bar als Willkommensgruss – getreu der Gastfreundschaft, die sich der GYC auf die Fahne geschrieben hat. Das unter der Leitung eines passionierten Bootbauers realisierte Schmuckstück wurde extra mit dem Helikopter eingeflogen und passt perfekt ins edel-schiffige Ambiente, das nie protzig wirkt. Neben Salon, Bibliothek, Meetingroom und Büros nimmt das Spitzenrestaurant einen grossen Teil ein. Wenn im Sommer auch draussen getafelt wird, hat die Küchenbrigade um Gastro-Guru Robert Speth alle Hände voll zu tun. Das clevere Konzept der Inneneinrichtung erlaubt eine variable Bestuhlung von Kongress- bis zur Vortragskonfiguration mit Platz für ca. 200 Personen. Die stilvolle Location kann nach Absprache auch für Corporate, Partner oder Private Events der Mitglieder gemietet werden.

Clubhouse Events

Anfangs dominierten nautisch geprägte Vorträge und Präsentationen das Clubleben. Yachtdesigner sprachen über das Entstehen berühmter Yachten, erfolgreiche Segler wie Brad Butterworth oder Bruno Troublé berichten aus erster Hand über legendäre Regatten. Neben Degustationen, Vorstellungen und Lesungen für das gesellschaftliche Clubleben, entwickelten sich im Laufe der Jahre die Friday Night Events zu einer hochkarätigen Vortragsreihe. Natur- und Tierschutz, Umwelt, Nachhaltigkeit – alles Themen, für die speziell Wassersportler ein offenes Ohr haben, schliesslich sind 70% unseres Planeten mit Wasser bedeckt. Unter den Speakern finden sich so bekannte Namen wie Sylvia Earle, Paolo Mirpuri und William Winram. Bei Info- und Charityevents von NGOs wie WWF, Blue Marine und Switzerland for the Oceans zeigen sich die GYC Mitglieder aufgeschlossen, engagiert und grosszügig. Selbst lokale Vereine und Organisationen finden im GYC einen Ort, wo sie ihre Anliegen einem internationalen Publikum präsentieren können.

Action makes Attraction

Als Gastgeber von sportlichen, kulturellen und geselligen Anlässen macht sich der GYC einen Namen mit internationalem Renommé. Wer als Gastgeber in Gstaad brilliert, wird auch in anderen Clubs der Welt willkommen geheissen. Mit einer grossen Anzahl dieser Yacht- und Segelclubs entstanden im Laufe der Jahre mehr als freundschaftliche Beziehungen, die zu formellen, gegenseitig zugesicherten Gastrechten führten. „Das Ungewöhnliche zum Prinzip machen“ stellte George Nicholson, Commodore von 1998 bis 2008 und heutiger Ehrenpräsident des GYC, als Motto über die Clubaktivitäten. Neben dem Ski & Yachting (für die Junioren gibt es in der Zwischenzeit eine eigene Edition), profilierte sich der GYC auch als Organisator von Golf & Sailing Events (anfangs mit dem Yacht Club Costa Smeralda und seit Sommer 2006 auch in Gstaad) und Rally & Yachting Anlässen. Dabei gelang das Kunststück, die teilnehmenden Oldtimer sogar während der Voiles de St. Tropez auf dem Quai d’Honneur in Reih und Glied zu präsentieren. Wer bereits im Vorfeld Beziehungen zu den richtigen Personen pflegt, der schafft selbst Undenkbares.

Die Rally St. Tropez-Gstaad zur Feier des 10-jährigen Jubiläums war ein voller Erfolg, auch dank der professionellen Abwicklung durch dieselben Organisatoren, die ebenfalls für die legendäre Peking-Paris-Rally verantwortlich zeichnen. Als einige Mitglieder auch bei dieser Marathon-Rally mitfuhren, wurden sie in Paris von einer GYC-Delegation gebührend empfangen. Sharing is caring…

Keine Rally ohne Segeln – der Yachtingpart ist dabei natürlich ein Must. Bei einem Stop an einem See kommen wieder die Modellboote zum Einsatz und die Regattaresultate werden bei der Gesamtwertung aufgerechnet. Nur wenn im Winter auf dem Flugplatz Gstaad die Schnee- und Schleuderkurse in Zusammenarbeit mit dem Automobilclub Gstaad stattfinden, bleiben die Minisegler im Lager.

Bei allen diesen Events und Wettkämpfen gehört ein reicher Preistisch zum Erfolgsrezept. Neben silbernen Pokalen, Trophäen und Tellern zeichnet sich der GYC durch seine Kuhglocken aus dem Saanenland aus, zu denen gerne Hobelkäse aus der Region gereicht wird. Ob der Club zu den Hauptexporteuren dieser Güter in alle Welt gehört, entzieht sich unserer Kenntnis…

THE GYC RACING TEAM

Sportlich auf der Höhe

Obschon der Club selbst keinen See- oder Meeranschluss besitzt, bringt er den Nachwuchs aufs Wasser. Zuerst in Schnupperkursen im Hallenbad, dann bei Ferienkursen auf dem Thuner-, Murten und Bielersee, wird auf Optimisten das 1×1 des Segelns vermittelt. Wer sich begeistern lässt, kann in den Kinder-, Junioren- und Clubteams ein Treppchen höher steigen. Ein Segelcamp in Mallorca, wo die zukünftigen Champions die Segelyacht und Infrastruktur eines Mitglieds nutzen können, erhöht die Motivation ganz erheblich.

Zusammen mit der Optimist-Klassenvereinigung wurde jedes Jahr mit den besten Schweizer Opti-Seglern ein Team gebildet. An den Internationalen Teamregatten im befreundeten Yacht Club de Monaco holte man so viermal in Folge die Siegertrophäe. Die Société Nautique de Genève führte dann diese Tradition in Monte-Carlo fort.

Mit den Clubfarben gingen viele der besten Segler in der Schweiz an den Start. So z.B. die Weltmeister in der 5.5m Klasse mit Flavio Marazzi und Christoph Burger, das Nacra 17 Team mit Matías Bühler und Nathalie Brugger, die im ersten Anlauf die Schweiz in dieser Klasse für die Olympiade in Rio qualifizierten. Flavio Marazzi mit Vorschoter Enrico de Maria im Star, Windsufer Mateo Sanz Lanz und Laser- sowie Finnsegler Nils Theuninck konnten mit ihren Erfolgen überzeugen. Über 10 Jahre begleitete der GYC Nils auf seinem Weg an die Spitze. Und es entspricht ganz der Philosophie des Clubs, dass dieses Wissen weitergegeben werden kann. So wurde Nils mit seiner gesammelten Erfahrung selbst zum Coach von Anja von Allmen, die ihrerseits wiederum Trainingssynergien mit Maud Jayet teilt. Nicht nur beim Leistungssport ist eine clubübergreifende Zusammenarbeit nötig und sinnvoll.

Diese Resultate haben eine lange Vorgeschichte, denn schon seit 2004 haben GYC Sportmitglieder die Schweiz an Olympischen Spielen vertreten. 2012 in London waren drei der vier Schweizer Teams vom GYC. Mit Tokyo 2020 nahmen GYC Athleten fünfmal in Folge an den Olympischen Spielen teil. Hier stehen viele auch Nicht-Schweizer Mitglieder mit ihren privaten Spenden dahinter und unterstützen das GYC Racing Team grosszügig. Vielleicht auch deswegen, weil 12 Mitglieder für 7 verschiedene Länder selbst an Segel-Olympiaden teilgenommen haben und somit abschätzen können, wie schwierig der Weg bis dahin ist. Andererseits gehen in einem internationalen Club wie dem GYC die Mitglieder auch für ihre Heimatländer an den Start. So ist z.B. der siebenfache französische Meister in verschiedenen Klassen Eliot Merceron ein GYC Mitglied – dank seiner Mutter mit Schweizerpass. Und in Rio vertraten die GYC Segler gleich drei verschiedene Nationen (Schweiz, Frankreich, Australien).

Man muss nicht unbedingt im GYC Racing Team sein, um regattieren zu können. Die Bilanz der verschiedenen Crews, die jeweils an Wettkämpfen in der Smeraldo-, Drachen oder Starklasse teilnehmen, kann sich sehen lassen. Grössere Yachten für Langstreckenregatten werden von verschiedenen Mitgliedercrews z.T. gechartert oder man ist bei einem GYC Eigner mit an Bord.

GYC CENTENARY TROPHY

Anlass für diese spezielle Regatta war ein ebenso spezieller Geburtstag. 2011 feierte Mariquita ihr 100. Jubiläum. Sie ist wohl eine der schönsten grossen Klassikyachten, die auf der berühmten William Fife Bootswerft in Schottland gebaut wurden. Ihr stolzer Eigner und GYC Mitglied wollte die runde Jahreszahl mit einem besonderen Ereignis würdigen. So entstand die Idee, ein eigenes Regattaformat für alle Klassiker zu schaffen, die mindestens 100 Jahre unter dem Kiel hatten und noch im Originalzustand waren – die Centenary Trophy war geboren.

Eine passende Trophäe wurde gesucht und in England gefunden. Wakely and Wheeler of London hatten die Silberschüssel 1911 kreiert – also auch sie war 100 Jahre alt. Frisch restauriert und hochpoliert wartete sie auf den Gewinner. Als Austragungsort wurde Saint-Tropez auserkoren, der Zeitpunkt im Anschluss an die Voiles erwies sich als perfekt. Zusammen mit der Société Nautique de St. Tropez wurde zum ersten Mal eine Classic Regatta im Pursuit Format durchgeführt. Das langsamste Boot nach Handicap startete zuerst und fast 45 Minuten später das Geburtstagskind Mariquita als letzte. Jeder Teilnehmer und vor allem jeder Gast auf den 15 teilnehmenden Yachten wusste so in jedem Moment der Regatta seine aktuelle Klassierung.

Nach Mariquita vertritt der Gaffkutter Silhouette, eine Yacht der 8-Meter-Klasse, die GYC Clubfarben am Klassikerevent. Für alle Gäste in Saint-Tropez war der Abend auch eine einmalige Gelegenheit, gemeinsam das erste Jahrzehnt der Gstaad Yacht Club Centenary Trophy Revue passieren zu lassen – eine wunderbare Erinnerung mit einigen ganz besonderen Momenten dieser aussergewöhnlichen Rennen, präsentiert in einer Filmdokumentation von Shirley Robertson und stimmungsvollen Bildern von Jürg Kaufmann. Es hat Tradition, dass man bei allen GYC Siegerehrungen auch gleich die Wettkampfbilder des Tages bewundern kann.

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