Coastal Exploration Company – Rau und herrlich

Hier ist nichts normal. Normalerweise scheuen Skipper Sandbänke wie der Teufel das Weihwasser und halten sich daher fern. Doch Dom, der Kapitän der «Salford», einem wunderschön restaurierten Wellhornboot, versucht genau das Gegenteil. Er ist fest entschlossen, aufzulaufen.

Das Log fällt von 6,9 m auf 1,4 m. Wir halten an und warten darauf, dass die Flut uns stranden lässt. Der Wasserspiegel fällt und das Boot ruht auf der Doggerbank. Alles bereit für ein spleeniges, englisches Vergnügen. Bei Ebbe auf Sandbänken zu picknicken und Kricket zu spielen, galt bei den viktorianischen Hünen als ein toller Tagesausflug, aber in unserer risikoscheuen Zeit ist das Herumtollen auf schwankendem Sand nicht mehr so beliebt.

Sandbank-Picknick ist eines der vielen Angebote der Coastal Exploration Company. Auf restaurierten Segelbooten geht es zu weniger bekannten Orten an der Küste von Nord-Norfolk. Das Meer ist hier seicht und mit Sandbänken übersät, von denen viele heute Offshore-Windparks beherbergen. Es war einmal Doggerland, und auch heute noch sieht es manchmal so aus, als könne man bei Ebbe durch den Wash von Norfolk nach Lincolnshire laufen. Doch auch inmitten dieser grossen Niedrigwasserfläche findet sich ein Abschnitt namens The Well gibt, der 47 Meter tief ist.

“Alles, was mit dem Wasser zu tun hat, ist gefährlich”, warnt Charlie Hodson, unser Expeditionskoch und ehemaliger Rettungsbootmann, was sich durchaus als nützlich erweisen könnte. “Es geht darum, wie man das Wasser respektiert.” Zum Glück ist die urchige Crew um Gründer und Chef Henry Chamberlain bestens ausgebildet worden. Meistens haben sie bereits ihr ganzes Leben in der Region verbracht. Um den Background der Coastal Exploration Company besser zu verstehen, genügt ein Blick auf die Lebensgeschichte von Chamberlain. Als ehemaliger Marinesoldat ihrer Majestät hat er an einigen der schönsten und gefährlichsten Orte der Welt patrouilliert. Er hat kriegsgeplagte Gebirgsgrenzen auf Skiern überwacht und afrikanische Konfliktgebiete auf Kamelen durchquert. Er überlebte ein Selbstmordattentat im Sudan, begleitete Wissenschaftler in die Arktis und fand Wege, um als Sicherheitsexperte der Vereinten Nationen Lebensmittel zu den Hungernden zu bringen. Henry wuchs mit zwei Schwestern und einem Bruder in einem Cottage auf dem Landgut Houghton auf, wo seine Eltern Holzpuzzles herstellten und er sich in die freie Natur, das Abenteuer und die Wildnis verliebte. Die Familie übernachtete manchmal in der Windmühle Burnham Overy Staithe, die einst Henrys Grosstante gehörte. Hier lernte Henry das Segeln, und seine Leidenschaft für das Meer führte ihn schließlich zu den Royal Marines.

Doch als er zwei kleine Kinder hatte und mehr Stabilität brauchte, wurde ihm klar, dass er auch in Norfolk Abenteuer, Entdeckungen und Wildnis finden konnte. So patrouilliert er heute auf den ständig sich verändernden Kanälen und Sandbänken, beobachtet das Wetter und die Tierwelt, während er mit traditionellen Holzbooten aufs Meer hinausfährt oder landeinwärts durch ein Labyrinth von Flüssen, Schlickwatt und Sümpfen segelt oder rudert.

“Ich wusste, dass ich draussen sein musste. In einem Bürojob wäre ich unruhig geworden”, erklärt der ehemalige Marinesoldat. “Ich liebe es, unabhängig zu sein und die Möglichkeit zu haben, an der Küste von North Norfolk zu arbeiten. Und Ausfahrten um Wells und Blakeney haben ihre eigenen Herausforderungen. Es kann genauso gefährlich sein. Man kann sich nie entspannen.”

Fortsetzung in unserer Printversion. Am Kiosk oder bequem im Abonnent. Einfach Mail mit Ihrer Adresse und Bestellung Jahresabo an abo@wave-mag.ch senden.

www.coastalexplorationcompany.co.uk

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