Was auf der Strasse schon längst eine Selbstverständlichkeit geworden ist, betrachten viele Bootsbesitzer für Ihre Boote und Yachten noch mit grosser Skepsis. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren die Elektromobilität auch auf dem Wasser mehr und mehr durchgesetzt.
WAVE sprach mit einem, der es wissen muss. Peter Minder, Eigner der renommierten Bootswerft Heinrich AG in Kreuzlingen am Bodensee, kann auf 20 Jahre Erfahrung mit E-Antrieben zurückblicken, kennt das Angebot auf dem Markt und verfolgt aufmerksam die zukünftige Entwicklung. Und es muss nicht immer ein Neuboot sein. In der Bootswerft Heinrich wird derzeit eine alt-ehrwürdige Motoryacht (Baujahr 1930, USA) total-saniert. Dabei wird die Motoryacht auch gleich auf einen elektrischen Antrieb umgerüstet und mit einem umfassenden und voll-integrierten Energie-Management-System ausgestattet. Aber auch um Anschluss-Projekte scheint sich die Werft am Schweizer-Bodenseeufer nicht sorgen zu müssen. «Der Bann scheint gerade hierzulande nun endlich gebrochen zu sein. Eine Vielzahl von Bootseignern diskutiert heute mit uns Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Antriebs-Konzepten sobald sich bei den Bestehenden Handlungsbedarf abzeichnet».
WAVE: Herr Minder, Elektroantriebe sind für Sie ja längst kein Fremdwort mehr. Worauf basiert Ihre Erfahrung?
Peter Minder: «Wir haben in den vergangenen 20 Jahren kaum eine unserer Segelboot-Neubauten mehr mit Verbrennungsmotoren aufs Wasser gebracht. Und in der jüngeren Vergangenheit rüsten wir jedes Jahr mehrere Kundenboote von Diesel- oder Benzinantrieb um auf Elektro-Antrieb um. Der Trend wird immer stärker und die Anzahl von Jahr zu Jahr grösser.»
Was ist der Grund der hohen Nachfrage nach Umrüstungen bei Ihnen?
«Das dürfte der Umstand sein, dass unsere Werft sich schon sehr früh mit alternativen Antriebs- und Energie-Konzepten befasst und sich in der Szene einen entsprechenden Namen gemacht hat.Unsere Expertise und Erfahrung beruht auf jahrzehntelanger Erfahrung mit elektrischen Antriebskonzepten – und zwar sowohl bei Segelbooten/-yachten wie auch bei Motorbooten. Bei den von uns entwickelten und gebauten Segelyachten ist der Elektro-Antrieb schon seit beinahe 20 Jahren die bevorzugte ‘Standard-Motorisierung’. Und auch unsere schnellen Motorboot-Flitzern sind schon seit beinahe 15 Jahren für spezielle Seen/Gewässer in voll-elektrischen Versionen verfügbar. Dies ist nicht unbemerkt geblieben, und so ist es denn nicht verwunderlich, dass nebst einer stetig wachsenden Anzahl Segelboot-Eigner sich auch immer mehr Motorboot-/-Yacht-Eigner bei der Heinrich-Werft für einen Umbau hin zum Elektro-Antrieb interessieren.»
Beim E-Trend drängen natürlich immer mehr und neue Anbieter auf den Markt. Was sind Ihre Kriterien?
«Das Angebot an elektrischen Boots-Antrieben und Akkus hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Dabei ist aber längst nicht alles Gold was glänzt – und es braucht eine angemessene Portion Erfahrung und Engagement, um hier stets einen Überblick behalten zu können. Denn nicht alles, was fürs Auto oder den Camper dient, lässt sich so einfach auf ein Boot übertragen. Die Sicherheitsbestimmungen und entsprechenden Normen für Boote sind umfangreich, und ohne fundierte Beratung und entsprechende Erfahrung bei der Auslegung der Systeme ist das Frustrations-Potenzial sehr gross.»
Haben Sie sich auf einen Anbieter festgelegt?
«Wir haben mit den namhaftesten Herstellern von elektrischen Bootsantrieben schon eine Vielzahl von Neu-Installationen oder Umrüstungen vorgenommen. Da wir komplett Hersteller unabhängig und markenneutral sind, können wir für die jeweilige Ausgangssituation das perfekt passende Konzept erarbeiten. Dabei stützen wir uns nicht nur auf das Wissen und die Erfahrung der technischen Aspekte, sondern berücksichtigen auch unsere Erkenntnisse bezüglich Support, Lieferbereitschaft, After-Sales-Service und weitere Kriterien, welche für den langjährigen, reibungslosen und sorgenfreien Betrieb eines solchen Systems von Wichtigkeit sind.»
Ein Elektroboot bietet ja auch sonst noch weitere elektronische Möglichkeiten.«Ja, gerade im Zusammenhang mit einem elektrischen Antriebssystem eröffnen sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche bislang bei Verbrennungsmotoren ausser Acht gelassen wurden. Elektrische Antriebe und die zugehörigen Hochleistungs-Akkus verfügen über eine Vielzahl von Sensoren und elektronischen Steuerungsmöglichkeiten. Unter dem Begriff ‘Smart Boat’ können deshalb intelligente Konzepte realisiert werden, welche die Steuerung und Überwachung der verschiedenen Systeme und Komponenten zu jeder Zeit und von jedem Ort aus ermöglichen – und das beschränkt sich dann konsequent durchgedacht nicht nur auf die Antriebs- und Batterie-Komponenten. Was bei vielen modernen Autos heute schon fast selbstverständlich ist, wird über kurz oder lang auch vor dem Bootssektor nicht Halt machen. Es macht deshalb Sinn, sich von einem erfahrenen Spezialisten beraten und die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen zu lassen, bevor voreilig einfach nur ein ‘D’ gegen ein ‘E’ ausgetauscht wird. Wir dürfen mit Fug und Recht behaupten, dass noch keiner unserer Kunden, welcher sich aufgrund unserer Beratung für einen Elektro-Antrieb entschieden hatte, diesen Schritt je bedauert hätte! »
So dürfte der Strang an Anfragen betreffend Beratung, Konzeption und Umsetzung von zukunftsweisenden Antriebs-Konzepten bei der Werft in Kreuzlingen nicht so schnell abreissen. Denn auch politisch ist abzusehen, dass immer mehr der im angrenzenden Ausland bereits angewandten Regularien den Weg auch auf die Schweizer Gewässer finden werden und den E-Antrieb damit umso attraktiver werden lassen.
www.heinrichwerft.ch
T: Stefan Detjen
F: Heinrich Werft/Peter Minder