THE OCEAN RACE – Basteln für Bestleistungen

Alte Rennsegler-Regel: wenn nichts kaputt geht, war man zu langsam. Bei der Hetzjagd um den Globus sorgen die Imocas für immer neue Bestleistungen. Da haben es die betagten VO65-Yachten schwer, mit den neusten Rennyachten der Superlative Schritt zu halten. Doch die Regatta am Limit entwickelt sich mit jeder Meile zu einer permanenten Reparatur-Tour…

Die Imoca-Leistungsbilanz kann sich sehen lassen. Auf der Etappe im Südpazifik haben alle der vier im Rennen befindlichen Yachten jeweils mindestens einmal mehr als 572 Seemeilen in 24 Stunden abgerockt. Doch eine solche Tortur macht den Carbonracern zu schaffen. Die permanente Höchstbelastung zeigt Folgen. Die Liste der bisherigen Schäden ist lang, vieles konnte mit Bordmitteln selbst repariert werden.

Aufgeben ist keine Option
Manchmal bleibt jedoch nur das Anlaufen eines Hafens – wie bei GUYOT Environnement Team Europe, deren Yacht quasi auseinander zu brechen drohte und die sich für einen grösseren Refizstop in Kapstadt vom Rennen verabschieden mussten. Bevor der delaminierte Bereich von aussen geöffnet werden konnte, verstärkte das Technikteam den inneren Bereich mit Carbonlaminat. Dann wurde die äussere Karbonschicht des Rumpfes aufgeschnitten und der Nomex-Kern entfernt. Die innere Karbonschicht bleibt erhalten. Die Wabenstruktur wird durch einen Schaumsandwichkern ersetzt, der eingeklebt wurde. Das GUYOT Team wurde bei der Beschaffung der Schaumstoffplatten und der Karbonfasern vom Team Holcim PRB unterstützt, da diese benötigten Spezialmaterialien in Südafrika nicht ohne weiteres erhältlich waren. So kam die Guyot-Imoca in Rekordzeit wieder zurück ins Wasser.

Im Schredderemodus um die Welt

Auch bei Spitzenreiter “Holcim – PRB” checkt man täglich das Boot durch. Auf die To-Do-Liste kamen Starterprobleme mit dem Generator, ein brennendes Solarpaneel und eines der Ruder, das bei einer Kollision hochklappte, aber zum Glück unversehrt blieb.

Nicht anders bei Boris Herrmanns Malizia. Hier umfasste die Schadensliste folgende Positionen: Gerissener Titanring des Decksbeschlags, defekte Lichtmaschine, Riss im Mast und Hydraulikzylinderbefestigung des Foil-Kastens. Neben der Segelaction sorgte das Beheben der Defekte für emsige Reparaturaktivität.

Schlimmer traf es das 11th Hour Racing Team. Charlie Enright kommunizierte diverse Belastungsschäden. Die gebrochenen Endbeschläge der Latten konnte man wie das Steuerbordruder noch selbst fixen. Dann kam es aber happig: ein kapitaler Riss im Gross liess nur noch Segeln mit dem 2. Reff zu. Als Option kam ein Reparaturstopp in Neuseland in Frage, jedoch beschloss die Crew, weiter bis nach Itajaí im Rennen zu bleiben und erst dort das Gross zu ersetzen.

Reparieren und Rekorde brechen

Kaum ist der Schaden behoben und das composit getrocknet, drücken die Crews wieder auf die Tube. Dank günstiger Verhältnisse können die Imocas alle Register ziehen, die Crews gehen dabei an die Grenzen. Mit ihren Foils hebt sich der Rumpf bei 12 bis 14 Knoten aus dem Wasser und läuft dann zu Hochform auf. Mit mehr Erfahrung lässt sich die Yacht jetzt früher aus dem Meer heben und länger über die Wellen foilen. Das erhöht die Durchschnittsgeschwindigkeit ungemein. Es wäre kein Wunder, wenn eine Imoca-Yacht den bestehenden Monohullrekord über 24 Stunden brechen würde – wenn vorher nicht etwas anderes bricht…

T: Stefan Detjen

F: The Ocean Race/Imoca Class

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