Die Ausgabe 2022 der Superyacht-Reality-Show «Below Deck» war in Malta angesiedelt. Die denkwürdigsten Abschnitte waren nicht die betrunkenen Stewards oder die sexbesessenen Gäste. Die wahren Stars waren Ankerplätze wie Selmun Bay, ein Stückchen Sand, das auf dem Landweg fast nicht zu erreichen ist. Oder Ghajn Tuffieha, eine Landenge mit Strand, die von Wanderklippen geschützt wird. Maltas 220 km lange Küstenlinie erschien Hollywood-schön.
Keith Spiteri von BWA Yachting Malta war der örtliche Vertreter für Below Deck. “Es war wie eine zehnstündige Werbung für unsere Inseln”, erklärt er. Nicht, dass die winzige Inselgruppe im Mittelmeer, deren Einwohnerzahl mit der von Zürich vergleichbar ist, diese PR nötig hätte. Malta ist seit kurzem das weltweit grösste Register für Yachten mit einer Länge von 24 Metern und mehr. Yachten in dieser Grösse werden mit verbesserten Yachthäfen und Freizeiteinrichtungen willkommen geheissen, zu denen so viele Restaurants mit Michelin-Sternen gehören wie in Monaco.
Der derzeitige Trubel begann mit den Briten. Die Royal Navy fand Malta als idealen Standort auf halbem Weg zwischen Gibraltar und Suez. Ihre Anwesenheit trug dazu bei, den Grand Harbour der Hauptstadt Valletta – einen der herrlichsten Naturhäfen der Welt – in ein Gewirr von Werften und Werkstätten zu verwandeln. Die Malteser wuchsen mit Salzwasser im Blut auf. Wenn ein Inselbewohner arbeiten, spielen oder die Inselwelt erkunden wollte, brauchte er Kenntnisse in der Schifffahrt.
Die Briten brachten auch die Ausschweifung mit. «The Gut» war eine enge Durchgangsstrasse in Valletta, in der Bars wie Britannia und Dirty Dicks den Squaddies und Stokern mehr als nur Spirituosen anboten. Im Jahr 1999 starb der britische Schauspieler Oliver Reed während der Dreharbeiten zu Gladiator in The Gut. Man beachte, dass der legendäre Höllenhund gerade acht Pints Lagerbier, eine halbe Flasche Whisky und ein Dutzend Schuss Rum getrunken hatte. Dann besiegte er fünf Matrosen der Royal Navy beim Armdrücken.
All dies bedeutet, dass Cruising ein weitaus jüngerer Trend ist. Viele der grossen Yachten machen in der Camper & Nicholsons Grand Harbour Marina fest, dem grössten und luxuriösesten der sieben Yachthäfen Maltas. “Letztes Jahr haben wir den 88 m langen Maltese Falcon und die 110 m lange Kaos begrüsst”, sagt Gordon Vassallo, der Geschäftsführer des Yachthafens. Doch Grand Harbour Marina wirbt nicht mit Glamour, sondern mit einer freundlichen, zupackenden Einstellung. Bei seinem täglichen Hafenrundgang winkt Vassallo Desiree und Jordan zu, zwei YouTube-Segler, die mit einem Visum für digitale Nomaden hier sind und von ihrer 12-Meter-Segelyacht Atticus II aus bloggen. Auf ihrem YouTube-Kanal Sailing Project Atticus zeigen sie die dis-
kretesten Ankerplätze des Archipels, darunter die kleinste maltesische Insel Comino. Diese drei Quadratkilometer grosse Insel ist mit zarten Höhlen und der Blauen Lagune gesegnet, einem Badeort, der Instagram-Follower zum Weinen bringt. Auf Comino leben nur zwei Einwohner.
Vassallos bevorzugte Segelreviere befinden sich an Maltas grüner, ruhigerer Westküste. Zum Beispiel Fomm ir-Rih, eine wilde Bucht mit tollen Tauchmöglichkeiten, die nur über eine 20-minütige Wanderung auf der Klippe zu erreichen ist.
Wie die britische Royal Navy bestätigen kann, ist Location alles. “Unser Yachthafen ist zehn Minuten vom Flughafen Malta entfernt”, sagt Vassallo. Segler können in noch kürzerer Zeit direkt ins Mittelmeer segeln. Aus diesem Grund veranstaltet die Grand Harbour Marina im Oktober das Rolex Middle Sea Race, bei dem sich ganz Valletta in ein telegenes Meer aus Segeln verwandelt. Das Middle Sea Race ist ein Höllensprint von Malta aus um Sizilien und die italienischen Inseln Pantelleria und Lampedusa – alles verlockende Ziele, die nur einen Segeltag entfernt sind.
Malta selbst bleibt erfrischend preiswert. Eine Gondelfahrt für 2 € bringt die Passagiere vom Yachthafen über den Grand Harbour in die Innenstadt von Valletta. Die Gondel fährt an den Cafés der Schiffbauer vorbei, die 1 €-Kaffee und riesige Thunfischsandwiches verkaufen. Zu den Charteryachten, die hier liegen, gehören eine zehn Jahre alte Bavaria 36 für 2.000 Euro pro Woche und eine neue Bénéteau 57 für 4.000 Euro.
Der Grand Harbour ist von einem Amphitheater aus honigfarbenen Wohnblöcken mit Balkonen in Technicolor-Farben umgeben: Malta wie von Disney erdacht. Der Hafen wird von Fort Ricasoli bewacht, wo derzeit Gladiator 2 (ein weiterer Film, der den historischen Charme des Landes zeigt) gedreht wird. Yachtkapitäne navigieren buchstäblich durch die Geschichte.
Die günstigste und ursprünglichste maltesische Insel ist Gozo. Sie ist ein Muss für Besucherjachten. Die Küste ist von kroatischen Buchten durchzogen, darunter Mgarr ix-Xini. Das Klippenspringen ist episch. Ein weiterer Favorit ist die Dwejra-Bucht, ein Drehort von Game of Thrones, der von mittelalterlichen Türmen geschützt wird. Die Bucht ist durch einen schmalen Bogen mit einer Lagune im Landesinneren verbunden; Sie können einen Fischer dafür bezahlen, dass er Sie auf einem Fischkutter mit niedrigem Tiefgang hindurchfährt.
Malta verfügt über 100 bemerkenswerte Tauchplätze. Viele davon liegen vor dem Nordwesten von Gozo. Die Gudja-Höhle beginnt auf Meereshöhe und sinkt dann auf 30 m ab, wo man Seebrassen und Nacktschnecken findet. Der Tauchplatz von Hawrija ist ein Küstenabfall mit durchschwimmbaren Höhlen und Seesternen in Hülle und Fülle. Sogar ein Schnorchler kann hier einen Tag lang Jacques Cousteau spielen.
Zurück auf der Hauptinsel Malta gibt es eine Fülle von neuen Attraktionen. Zum Beispiel das Weingut Ta’ Betta, wo die französische Weinexpertin Marie Choquet die Besucher mit Verkostungen von salzhaltigen Chardonnays begrüsst, die auf sonnenverwöhnten Böden wachsen und 14 % erreichen. Und kulinarische Pop-ups wie Cooking Out Of The Box, bei dem die Gäste in einem Olivenhain hausgemachte ftira-Pizzen auf offenem Feuer backen. “Segler sind immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen”, sagt der Gastgeber Karl Mallia, selbst ein ehemaliger Yachtkoch.
Der Grund für den gegenwärtigen Yachtboom auf Malta könnte in den ehemaligen Werften der Royal Navy in der Nähe von Valletta liegen. Die Manoel Island Yacht Yard ist eine von vier Refit-Werften, die ursprünglich für die Wartung von Zerstörern gebaut wurden. Heute liegen hier über 100 Yachten, vom Hobbysegler bis zur Superyacht, an sieben Slipanlagen und festen Standplätzen.
“Alles in allem ist die Überholung und Reparatur auf Malta billiger als in den meisten anderen europäischen Ländern”, sagt Robert Thorne, General Manager von Manoel Island. An Hunderten von Booten werden jedes Jahr technische Maler- und Schreinerarbeiten durchgeführt. “Die Energiekosten sind hier aufgrund staatlicher Subventionen viel niedriger als im übrigen Europa”, bestätigt Thorne. “Der Strom für eine grosse Superyacht kann ab 40.000 Euro aufwärts kosten, also ist das ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, wo die Arbeiten durchgeführt werden sollen.
Worin unterscheidet sich Malta sonst noch? “Malta ist ein Inselstaat, der sich für Boote begeistert”, sagt Thorne. “Es hat ein ganzjährig gutes Klima und englischsprachige Arbeitskräfte. Die Preise sind so transparent, dass ein Eigner den Preis für Segeltuch bei einem Schiffsausrüster überprüfen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass der Laden seit zwei Jahrhunderten ähnliche Waren führt.
Es gibt noch einen letzten Grund, in See zu stechen. Nächstes Jahr finden auf Malta die SB20-Europameisterschaften statt, bei denen schnelle Einrumpfboote im Grand Harbour um die Wette segeln werden. Zum Beobachten, Kreuzen, Anlegen und Ausbessern hat Malta seinen Platz an der Sonne.
Die winzige Insel lockt die grössten Yachten der Welt mit modernisierten Refit-Einrichtungen an – wie auf Manoel Island, einem ehemaligen britischen Marinestützpunkt: www.yachtyard-malta.com
• Malta hat lediglich einen Michelin-Stern weniger hat als Monaco
(alle seit 2020 eröffnet), wie das Noni (www.noni.com.mt;
maltesische Garnelen-Ceviche, Schweinenacken mit eingelegten
Pflaumen).
• Sehenswertes wie die Ta’Betta Winery (www.tabetta.com) und neue
Museen wie das MUZA (www.muza.mt); Caravaggio lebte und malte
um die Ecke…
• Nicht nur für Superyachts: Camper & Nicholsons Marina
(www.cnmarinas.com/marinas/grand-harbour-marina)
• Action: Rolex Middle Sea Race von Malta vorbei an Sizilien,
Lampedusa und Pantelleria: www.rolexmiddlesearace.com
Fremdenverkehrsamt Malta CH-8060 Zürich-Flughafen
switzerland@urlaubmalta.com, Tel. +41 (0) 43 816 3015
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