VON BORD AUFS BOARD – SASCHA BIEDERMANN UND SEIN WASSERSPORT-KATAMARAN

Et «Ahora» und jetzt?

Wer sich zu einem Törn auf der Ahora entschliesst, will mehr als nur segeln. Geparkt wird dort, wo Wind und Welle die beste Kombi bieten. Dann geht es für die Wassersportliebhaber direkt vom Bett aufs Brett. Wer mit Sascha auf der Ahora reist, verzichtet auf Surfstationen und kommerzielles Strandleben und entscheidet sich für das unberechenbare Leben in und mit der Natur. Und: für das Leben im Moment. Mit selbstgefangenem Essen und einem Kapitän, der nicht nur alle Wellen kennt, sondern von dem man lernen kann, dass alles so kommt, wie es kommen muss. Et Ahora.

Letzten Winter kreuzte Sascha Biedermann mit der Ahora zwischen den Kapverdischen Inseln. Wer das Revier als Skipper kennt, weiss, dass zu der fantastischen Natur und den freundlichen Menschen auch Troubles mit Wartung, Planung und Versorgung zum Tagesgeschäft gehören. Sascha berichtet von den Ereignissen der letzten Tage. Darin tauchen Wörter auf wie: Motorprobleme, Diebstahl, ständige Reparaturen und Routenänderung aufgrund von Starkwind. Die Storys bringen mich beim Zuhören schon auf die Palme und zum Verzweifeln. Doch Sascha bleibt beim Erzählen merklich ruhig. «Warum aufregen?», meint er. «Die Situationen annehmen, daraus lernen und weitermachen.» So einfach! Et Ahora!

Sascha, du warst 20 Jahre Besitzer eines Surfshops in Nidau. Im Sommer hattest du Geld verdient, um im Winter die Zeit in den weltbesten Wellenrevieren abzufeiern. Sei mir nicht böse, aber aus meiner Sicht hattest du ein Leben, das man als Wassersportler eigentlich nicht mehr toppen kann oder muss. Du anscheinend schon. Was hat dich dazu gebracht, dieses Traumleben hinter dir zu lassen und dir ein Schiff zu kaufen?
Es war wie alles in meinem Leben. Nichts war geplant und alles hat sich ergeben. Auf diese Weise bin ich zu meinem Surfshop gekommen, so habe ich meine Reiseziele gewählt und so bin ich jetzt Besitzer von einem 50-Fuss-Katamaran. Der Surfladen war lange Zeit mein Hobby und es waren wunderbare Jahre. Aber zum Schluss habe ich gespürt, dass der Traum langsam verblüht. Mich von dem Shop zu lösen, war nicht einfach. Zum Glück hatte ich mich recht schnell für den Kauf der Ahora entschieden, dann fiel es mir leichter, mich auf etwas Neues einzulassen.

Wie kamst du dazu, ein Boot zu kaufen? Was war der Auslöser?
Als mich vor ein paar Jahren ein Kollege fragte, ob ich mit ihm zwei Wochen auf einer Yacht durch die Karibik cruisen will, habe ich gezögert. Ich, der in der Freizeit Action sucht, war sehr skeptisch. Dennoch habe ich die Wellen der Kapverden verlassen und mich auf eine langweilige Zeit an Bord eingestellt. Aber dann passierte etwas, was ich nie gedacht hätte. Ich war unerwartet fasziniert. Davon, dass ich 24 Stunden in der Natur war und fast nichts anderes zu tun hatte, als den Horizont anzupeilen. Das kannte ich von mir nicht. Die Entspannung ohne den Kick der ständigen Action. Da wusste ich – ich will ein eigenes Schiff und darauf leben. Ich habe 5 Jahre nach einem passenden Schiff gesucht und dann die Ahora gefunden. Es war alles ganz einfach. So, als wäre alles bestimmt. Damit war der nächste Traum erfüllt.

Und dann? Hast du die klassische Auswanderer-Geschichte geschrieben? Haus und Laden verkauft und ein Leben auf Wolke 7?
Mein Motto ist: «Es ist immer gut, so wie es ist.» Das bedeutet, „Happiness is a choice.“ Jeder kann ein Problem entweder als herausfordernd oder als nervig empfinden. Und natürlich gibt es Situationen, wo ich mich aufregen muss.

Mir ist es so ergangen, wie vielen Traumreisenden. Das Leben hat mich schnell gelehrt, dass Pläne unmittelbar von der Wirklichkeit überholt werden. Den Laden habe ich zwar verkauft, aber mein Haus behalten. Obwohl ich normalerweise nicht plane, hatte ich eine 3-Jahres-Route festgelegt. Mit meiner Partnerin Karin Steiner bin ich im Frühjahr 2020 aus Toulon in Richtung Spanien ausgelaufen. Kurs West – Richtung Atlantik. Als nach 2 Stunden die Covid-Regeln aktualisiert wurden und auf der Iberischen Halbinsel Lockdown war, mussten wir den Kurs um 180 Grad korrigieren und sind Richtung Italien gesegelt. Die Region war zum Abfedern vom Lockdown ideal. Da blieben wir ein Jahr. Von da an habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Vertrauen ins Leben zu haben und das anzunehmen, was kommt.

Und seitdem bringt dich nichts mehr aus der Ruhe?
Grundsätzlich – ja. Es gibt täglich etwas, das passiert oder das ich nicht kenne. In den meisten Fällen habe ich Spass an dem täglichen Lernen. Bevor ich das Schiff gekauft habe, hatte ich nicht viel Segelerfahrung. Das Segeln empfinde ich im Nachhinein als eine der einfachsten Aufgaben. Klar, ich kannte mich mit Wind und Wasser bestens aus, aber nicht mit Navigation und dem Cruisen mit einem 18-Tönner. Die Sache mit dem Segeln liess sich vergleichsweise schnell erlernen.

Die grössere Herausforderung ist der technische Aspekt. Zum Glück habe ich einen Schiffsmechaniker in der Schweiz, der mich beruhigt und mir mit fachlicher und einfühlsamer Fernwartung hilft, wenn ich mal wieder verzweifelt mit ölverschmierten Händen im Motorraum hänge.

Sprechen wir über deine Rolle als Skipper. Du segelst ja nicht allein, sondern bietest Wassersportlern an, mit dir mitzusegeln. Wie geht das?
Ich habe einen Verein gegründet, damit ich Personen mitnehmen kann. Ich verdiene damit nichts, und ich will auch kein Business machen. Mir ist es wichtig, «gute Leute» auf dem Schiff zu haben. Es melden sich Freunde und Personen, die ich vorher nicht kannte. Meine Begeisterung für Natur und Wassersport will ich mit anderen teilen. Grundvoraussetzung ist, dass die Gäste sich bewusst sind, dass wir uns beim Segeln an die Natur anpassen müssen und nicht umgekehrt. Ich bin ja kein Kursschiffkapitän.

Was bekommen die Gäste an Bord?
Chillige Atmosphäre, spannendes Segeln, gute Gespräche und jede Menge Material, um die Zeit auf dem Schiff und im Wasser zu nutzen. 7-8 Kites und Boards, Wingfoils für Anfänger und Starkwindfahrer, Wellenreiter und SUPs. Zum Fischen gibt es Speerfisch-Equipment, Angelruten und Schnorchel-Ausrüstung. Mir ist es wichtig, dass die Gäste und ich eine gute Zeit an Bord haben. Natürlich kochen und essen wir gemeinsam und machen Ausflüge an Land und zu Wellenspots, wenn es sich ergibt. Karin ist auch oft an Bord und kümmert sich mit darum, dass sich die Gäste wohlfühlen.

Was suchen die Leute, die zu dir kommen?
Die Gäste freuen sich auf den Kick mit dem Wassersport und wollen dem Strandtourismus entfliehen. Wenn Wind und Welle passen, sind sie happy. Dennoch beobachte ich, dass sich viele während des Törns verändern. Den Tag mit dem Blick auf den Horizont zu starten, 24 Stunden in und auf dem Wasser zu sein und das Essen aus dem Meer zu fischen – das löst bei den meisten etwas aus. Sie werden ruhiger und dann bekommen die Gespräche Tiefgang.

Eine innere Reise auf einem Törn. Sehr philosophisch. Da würde ich als Gast wahrscheinlich wiederkommen.
Das tun viele. Es gab Gäste, die bereits sechs Mal in den letzten drei Jahren an Bord gekommen sind. Ich habe bis jetzt bereits fast 12.000 Meilen mit Leuten gesegelt. Im Bieler Tagblatt berichte ich regelässig von meinen Törns. So dass die Daheimgebliebenen auch von den tollen Erlebnissen profitieren..

Du hast dir den Traum mit dem Schiff erfüllt – was nun? Was ist dein nächstes Ziel?
Ich komme noch mal zu meinem Lebensmotto zurück: Alles ist gut, wie es ist. Zu leben und zu lernen ist schon Prozess und Herausforderung genug. Wir sollten alle mehr lernen, Vertrauen in das Leben zu haben. Und das funktioniert nicht, wenn ich mir ständig neue Ziele setze. Mit kreativer Freude minimal planen und safe unterwegs zu sein, das sind meine Ziele. Die richtigen Dinge kommen von selbst auf mich zu.

Eine Segelroute ohne Ziel – kaum vorstellbar. Wo willst du noch hin?
Eine Idee ist, zum afrikanischen Festland zu segeln. Richtung Senegal und Guinea-Bissau. Und dann eventuell im Winter in die Karibik. Und um die Kugel zu segeln, wenn es sich ergibt. Und wenn nicht….

…dann was? Was steht noch auf deiner Bucketlist?
Glücklich sein.

Sascha Biedermann
Wassersport-Trendsetter aus Ipsach am Bielersee
Beherrscht alle Wassersportarten, Wakeboarden, Surfen, Kiten, Wing-Foilen, Windsurfen, SUP, Speerfischen u.v.a.
Jahrgang 1974
Früher: Besitzer vom Sunset-Wassersportshop in Nidau
Heute: Eigner und Kapitän der Ahora

AHORA
Bootstyp: Outsider 48
49 Fuss L, 8.6 m B, 18 Tonnen, 3 Kabinen (Platz für max. 6 Gäste)
Wind und Wellen gefunden in: Korsika, Ligurien, Toskana, Elba, Sardinien, Sizilien, Liparische Inseln, Albanien, Balearen, Südspanien, Kanaren, Kapverden
www.ahora.ch

Eindruck gewinnen unter Instagram sascha.biedermann oder in der Fernweh- Rubrik vom Bieler-Tagblatt

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