You can make it
Nachdem «Pen Duick» mit Skipperin Marie Tabarly die Line Honours am McIntyre Ocean Globe Race für sich verbuchen konnte, kam mit «Maiden» eine reine Frauencrew ins Ziel – mit der Sensation, als Gesamtsieger in die Geschichte des Rennens einzugehen. Mit Tracy Edwards als Skipper hatte die legendäre Yacht «Maiden» bereits 1989 am Whitbread Around the World Race für Wirbel gesorgt. Die Geschichte wiederholt sich…
Tracy Edwards war immer eine Rebellin. Ihr Vater stirbt, als sie 10 Jahre alt ist. In der Schule eckt sie an und sammelt Verweis nach Verweis. Mit 16 fliegt sie aus der Schule, dann trampt sie durch Europa und heuert in Griechenland auf einer Yacht als Hostess an. Das Segeln fasziniert sie. Als sie in einem Magazin einen Artikel über das „Whitbread Round the World Yacht Race“ entdeckt, weiss sie: das will ich auch. Tatsächlich segelt sie 1985/86 das Rennen mit, aber als Köchin einer Männercrew. Ihr nächstes Ziel: Sie will mit einem reinen Frauenteam um die Welt segeln. Sie stellt eine 12-köpfige Crew zusammen (darunter Michèle Paret, Lebenspartnerin von Dominic Wavre) und nimmt eine Hypothek auf ihr Haus auf, um eine gebrauchte, zehn Jahre alte 58-Fuss-Aluminiumyacht zu kaufen. «Prestige» ist nichts anderes als die 1979 gebaute «Disque d’Or III», mit der Pierre Fehlmann an der Whitbread 1981 startete. Die Suche nach Sponsoren gerät für Tracy zum bodenlosen Frust. Mehr als 350 britische Unternehmen halten nichts von der Idee, ein komplette Frauencrew auf Maiden GB (Wortspiel aus Made in GB) zu unterstützen. Selbst Skipper Grant Dalton, heute CEO des Emirates Team New Zealand, liess verlauten: “Wenn Maiden die Welt in einem Stück umrundet, werde ich nackt die Auckland High Street mit einer Ananas im Arsch hinauflaufen”. Edwards meint heute dazu: “Er hat es nie getan. Ich denke, er hätte es tun sollen, wirklich».
Es ist schliesslich König Hussein von Jordanien, der ihr aus der Sponsor-Flaute hilft. Ihn hatte sie zufällig in den USA kennengelernt, wo er sie in ihrem Traum einer Segelkarriere bestärkte.
Mit viel Hohn, Gespött, ja sogar Anfeindungen geht die Maiden-Crew an den Start. Und sie zeigen, was sie drauf haben. Sie gewinnen zwei von sechs einzelnen Etappen des Rennens und belegen den zweiten Platz in ihrer Klasse. Bei einer Etappenankunft präsentieren sich die braungebrannten Seglerinnen in Badeanzügen. Jetzt erst recht! Das alles bringt Tracy weltweite Aufmerksamkeit und sie wird in England als erste weibliche Sportlerin mit der Yachtsman of the Year Trophy und einem MBE ausgezeichnet.
Die neue Maiden
Nach vielen weiteren Segelabenteuern erfährt Tracy 2014, dass Maiden nach verschiedenen Eignerwechseln auf den Seychellen vor sich hinmodert. Sie organisiert ein Crowdfounding, transportiert die Yacht nach England für ein zwei Jahre langes Refitting. Hamble Yacht Services in Southampton hatte Maiden schon in den 1988 wieder flott gemacht.
Nachdem sie Maiden erneut restauriert hatte, gründete Edwards zusammen mit ihrer Tochter Mackenna die Maiden Factor Foundation. Die Organisation wirbt um Aufmerksamkeit und Mittel für die Bildung von Mädchen, indem sie mit einer neuen Crew aus knallharten Frauen einen ähnlich aufregenden Kurs segelt, der das Schiff und seine Besatzung berühmt gemacht hat. “Es ist immer noch schwer, das Geld aufzutreiben”, beklagte Edwards. “Da sind all’ diese Männer, die sagen: ‘Wir sind alle für Frauen und die Rechte von Mädchen und alles andere – das ist toll. Wir wollen nur kein Geld in die Sache
stecken.” Dank König Husseins Tochter Prinzessin Haya ist die Stiftung bis Oktober finanziert. Danach wird Edwards tun, was sie schon immer getan hat: “Bestimme deinen eigenen Kurs und mach weiter”, sagt sie. “Man wird auf jeden Fall dort ankommen, wo man sein muss.”
Maiden made it again
Am 16. April, um 10:52 UTC, überquerte Maiden die Ziellinie und kehrt damit in ihre britischen Heimatgewässer zurück. Nachdem sie auf der vierten Etappe des McIntyre Ocean Globe Race 6599 Seemeilen von Punta del Este zurückgelegt hatte. Als Fünfte in der Gesamtwertung und vorläufige Fünfte in der IRC-Wertung für die vierte Etappe feiern die Wartenden am Ponton und die Zuschauer in aller Welt eine überglückliche Crew von Frauen aus allen Teilen der Welt.
Auf dem Ponton bleibt kein Auge trocken, als Freunde, Familienangehörige und Fans die legendäre Yacht in Empfang nehmen. Auch Marie Tabarly und ihre Crew, die als erste Yacht das Rennen beendet hatten, sind zum Gratulieren gekommen. Nach 41 Tagen auf See strahlen sie um die Wette: Skipperin Heather Thomas, First Officer Rachel Burgess und die zehnköpfige Crew. Voller Stolz passieren sie die Royal Yacht Squadron, von der sie vor 218 Tagen aufgebrochen waren.
Tracy war natürlich auf dem Organisatoren-Rib, dass der Yacht entgegenfuhr. Sie platzte förmlich vor Stolz, als sie sah, wie ihre Yacht und ihre Crew sicher zurückkamen. “Nach insgesamt 28 674 Seemeilen und 154 Tagen auf See ist «Maiden» mit ihrer rein weiblichen Crew, darunter die ersten farbigen Frauen, die die Welt umsegelt haben, und einer Kamerafrau, die vor den Taliban in Afghanistan geflohen ist, wieder zu Hause. Diese internationale Crew hat das Gesicht des Segelsports verändert und steht für Frauen und Mädchen in aller Welt.”
Skipperin Heather Thomas, die viele in der OGR-Flotte mit ihrer Grosszügigkeit beim täglichen Austausch von Wetterinformationen über Funk beeindruckt hatte, freut sich natürlich über das, was sie erreicht haben. Heather hat von Anfang an gesagt, dass sie “dabei sind, um zu gewinnen”, und sie hat sich nicht geirrt – sie lagen immer in der vorderen Hälfte der Flotte.
Auf Etappe 1 belegten «Maiden» den dritten Platz in der Gesamtwertung und in IRC. Auf der zweiten Etappe wurden sie Vierte und auf der dritten Etappe von Auckland nach Punta del Este Zweite in Line Honours und Vierte in IRC.
Ein paar Tage später dann die Gewissheit.
Ihre engste Verfolgerin, «Triana FR», die seit Monaten an der Spitze der Rangliste lag, konnte ihren Platz nicht verteidigen. «Maiden», mit einer korrigierten Zeit von 179d 1h 24m ist die neue IRC-Handi-
cap-Gesamtführende und gilt somit als Gewinner des OGR! Das brachte ihnen sogar einen Gratulationstermin bei King Charles und Queen Camilla ein. Und das wohlverdient. Die Crew hat vom ersten Tag an hart gearbeitet und sah sich mit defekten Wassermachern, Generatoren und Wechselrichtern konfrontiert. Mit viel Einfallsreichtum haben sie jedoch alle Probleme gemeistert. Und das werden sie wohl auch in Zukunft tun…