X-Yachts ist für seine sportliche X-Range und seine Performance-Yachten (Xp) bekannt, baut aber auch eine kleine, feine Serie an hochkarätigen Cruising-Yachten (Xc). Mit der Xc 47 stellen die Dänen nun ein hochseetaugliches Modell vor, das mit kleiner Crew auf weite Fahrt gehen soll. Mit ihrem Faible für aufwändige Detaillösungen und extrem hohe Qualität dürfte der Werft dabei ein besonderer Wurf gelungen sein. Ihre Weltpremiere feiert die Xc 47 im Januar 2024 auf der boot Düsseldorf.
Gute Geschichten beginnen gerne mit einem Knalleffekt, und im Falle von X-Yachts verlief es so: Drei junge dänische Sportsegler – die Brüder Niels und Lars Jeppesen sowie Birger Hansen – bauten 1979 ihr erstes Regattaboot, das sie X-79 nannten. 79 wegen des Baujahrs und der Länge (exakt 7,90 m), X deshalb, weil ihnen kein Name einfiel und sie daher provisorisch einen Platzhalter einsetzten.
Die X-79 gewann gleich bei ihrem ersten Einsatz die damals grösste Regatta der Welt, die Sjælland Rundt, und zwar mit Riesenvorsprung. Der Prototyp wurde dann umgehend nach Beendigung des Rennens an einen anderen Regattateilnehmer verkauft, der etwa sechs Stunden später als die X-79 durchs Ziel ging.
Von der X-79 wurden insgesamt 500 Einheiten gebaut, und die Werft machte sich einen guten Namen mit weiteren, allesamt von Niels Jeppesen gezeichneten Performance-Seglern; dies dank der tollen Segelleistung, den durchdachten Details und der herausragenden Qualität. 2008 lockerten die Dänen ihr strenges Regatta-Regiment etwas und stellen seither mit der Xc-Reihe auch luxuriöse Cruising-Yachten her, von denen sie bislang gut 300 Stück verkauft haben.
Neues Team, neues Design
Die Xc 47, die auf der boot Düsseldorf Weltpremiere feiern wird, stellt eine kleine Zäsur dar. Sie ist die erste X-Yacht, die nicht von Niels Jeppesen konstruiert wurde. Die Xc 47 ist zudem auch die erste, explizit für Blauwasserfahrten mit kleiner Crew konzipierte Segelyacht der Dänen und das erste Modell mit einem Semi-Deckssalon – einem gegenüber den übrigen X-Yachten deutlich erhöhten Aufbau.
Das neue Designteam um Thomas Mielec hat auf Bewährtem aufgebaut. Die Rumpf-
linien haben die tiefen V-förmigen Bugabschnitte, den grosszügigen Rocker und den höheren Hecküberhang der früheren Xc-Modelle beibehalten. Neu ist allerdings die breitere Heckpartie mit einer subtilen, weichen Kimm, die für zusätzliche Formstabilität, verbesserte Leistung am Wind und mehr Platz in den Achterkabinen sorgt.
Rumpf und Deck bestehen aus hochqualitativem GFK, das mit E-Glass und Epoxidharz im Vakuum-Infusionsverfahren hergestellt wird. Ein für X-Yachts charakteristischer Stahlrahmen verstärkt im Rumpf die Bodengruppe. Zudem sind Bereiche, die hohen Belastungen ausgesetzt sind, mit Karbonfasern verstärkt.
My Cockpit is my castle
Heutzutage segeln die meisten Menschen – sogar Blauwasserfahrer – mit einer kleinen Besatzung, meist nur ein Paar. Das wurde bei der Entwicklung der Xc 47 berücksichtigt. Das Layout des Cockpits ist so konzipiert, dass der Steuermann das laufende Gut alleine bedienen kann. Vier Winschen – zwei auf jeder Seite – sind vor den beiden Steuerrädern positioniert. Alle Steuerleinen werden achtern vom Mastfuss in Kanälen unter dem Deck zu den Doppelrudern geführt. Der Traveller wurde aus dem Cockpit in eine Position vor der Sprayhood verlagert. Diese Anordnung schafft nicht nur einen effizienten Arbeitsbereich, sondern lässt auch Platz für einen komfortablen Wohnbereich. Am Ende des Cockpits bietet ein Achterdeck hinter den Steuerrädern einen Sitzplatz über die gesamte Breite sowie einen Be-reich zum Sonnenbaden.
Wie es sich bei einer echten Offshore-Yacht gehört, liegt das Cockpit tief und gut geschützt und wird von einem hohen Heckspiegel nach hinten abgeschlossen.
Die Vorteile der Höhe
Der erhöhte Kajütaufbau bringt eine Reihe von Vorteilen: Man hat zum Beispiel unter Deck eine bessere Aussicht nach aussen, wesentlich mehr natürliches Licht im Inneren und mehr Platz unter den Bodenbrettern. Dort haben die Dänen grosse Teile der Bordtechnik untergebracht – von den Batterien über die Tanks, Pumpen und Watermaker bis zum Kühlschrankkompressor. Das sorgt wiederum für einen niedrigeren Schwerpunkt der Yacht, weniger Technikgeräusche im Inneren und vor allem für mehr Stauraum in Pantry, Salon und Kabinen.
Das Kabinenlayout folgt dem Standard: Vorne die Eignerkabine mit grossem Doppelbett, viel Stauraum und eigenem Bad, hinten zwei Gästekabinen, die sich eine Nasszelle teilen. Die achterlichen Kabinen sind sehr gut belüftet und verfügen über recht viel Stehhöhe sowie Einzelkojen, die sich schnell und einfach in ein Doppelbett umbauen lassen. Wer glaubt, mit einer Gästekabine auszukommen, kann die
andere als Wirtschaftsraum ordern, in dem z. B. eine Waschmaschine Platz hat.
Ein 1:1-Modell
Bei der Entwicklung des Innenausbaus haben die Dänen grossen Aufwand betrieben. So wurde z. B. in der Werft ein Holzmodell in Originalgrösse gebaut, das bis zu 20 Grad gekippt werden konnte.
Entwicklungschef Thomas Mielec: „Soweit ich weiss, sind wir die einzige Werft, die das jemals getan hat. Die Möglichkeit, sich in einer realen Umgebung zu bewegen, ersparte uns zahlreiche langwierige Diskussionen, da jeder sofort spüren und fühlen konnte, wie die richtige Lösung aussehen musste. Und das nicht nur unter den Bedingungen, wie sie im Hafen herrschen, sondern auch, wie die Dinge während des Segelns funktionieren, wenn das Boot krängt.“
Das Interieur unterstreicht seine skandinavischen Wurzeln: klar, zeitlos, freundlich und mit den überall zu findenden Sechsecken (die Fenster, die Türöffnungen der Schränke und Schapps) auch ein wenig verspielt. Ikea at its best – nur viel, viel hochwertiger! Besonders bemerkenswert: Der pfiffig zu vergrössernde Tisch im Salon und der Induktionsherd samt E-Backrohr in der Pantry.
Was ihr Volt
Dass man in der Küche elektrisch (ohne Gas) kochen kann, liegt auch an der Antriebslösung von Baunummer 1. Die erste Xc 47 wurde als Hybrid-Yacht gebaut und mit einem 30 kW E-Antrieb von Oceanvolt (30 kW Spitzenleistung, 25 kW Dauerleistung), einem 11 kW Gleichstromgenerator und einem 46,4 kWh Lithium-Akku bedacht.
Einmal vollgeladen, ermöglicht der Akku eine Reichweite von gut 30 Seemeilen bei einer Geschwindigkeit von sechs Knoten. Angst, nicht weiterzukommen, braucht man definitiv nicht zu haben, denn die Batteriebank lässt sich entweder über den Generator oder während des Segelns durch den Hydro-Generator laden, also durch die Propellerrotation. Wer clever segelt, kann also unter Umständen energieautark unterwegs sein. Alle Batterien sind sicher in Aluboxen unter dem Schiffsboden untergebracht, was die Stabilität der Yacht erhöht und ein sicheres Feuerlöschsystem ermöglicht. Die von X-Yachts gewählte Lösung ist wohl eine der modernsten derzeit verfügbaren E-Antriebe. Wer trotzdem traditionell unterwegs sein möchte, muss aber nicht traurig sein: Der schon in Bau befindliche Rumpf Nr. 2 wird auf Wunsch des Kunden mit einem Yanmar 80 PS-Diesel motorisiert.