Neue Marke gesetzt

Im heiss umkämpften Markt der Cruiser um die 12 Meter hat Jeanneau eine neue Messlatte hochgelegt. Mit der SO 415 bringt die französische Werft ein cleveres und sportliches Konzept aufs Wasser. Keine Revolution, aber eine ganz schöne Evolution. Wave segelte in Spanien den neusten Wurf der Marke mit der Windrose.

Ziemlich augenfällig prangt das Jeanneau- Markenzeichen auf dem Gross der 415er. Genau so selbstbewusst präsentiert sich die Ergänzung der Sun Odyssey-Reihe, die bereits die Modelle 349, 380, 440 und 490 umfasst. Basierend auf dem 410-Modell nahmen sich die versierten Designer von Marc Lombard Yacht Design und von Piaton Design der Aufgabe an, ein ebenso erfolgreiches Nachfolgemodell zu entwerfen. In enger Zusammenarbeit mit der hauseigenen Designabteilung wurde der Mix aus Bestehendem und Neuem definiert. Product Manager Jéròme Dufour von Jeanneau brachte die nötigen Kundenfeedbacks und Marketing-Eckpunkte ein, um das neue Modell schon ab den ersten Skizzen zu optimieren. Und die Messlatte lag hoch: vom Erfolgsmodell 410 wurden in acht Jahren mehr als 700 Exemplare verkauft. Bewährtes, wie z.B. die Segeleigenschaften, wurde beibehalten. Bisherige Einschränkungen wie mangelnder Platz, Zirkulationsprobleme bei mehreren Personen an Bord wurden dank neuen Lösungen ausgemerzt. Unter Deck überrascht die grösste Neuerung. Das helle, moderne Interieur erzeugt bereits ein positives Raumfeeling, grosszügige Fensteröffnungen lassen viel Tageslicht herein. Mit ihrer geänderten Salonkonfiguration spielt die 415 jedoch in einer ganz anderen Liga als ihre Vorgängerin. Waren es bis anhin mehrheitlich Paare, die eher alleine unterwegs waren, kann man jetzt auch problemlos mehr Familie und Freunde einladen. Mit dem neuen Layout eignet sich die überarbeitete Yacht auch ideal für den Chartermarkt. Die Idee: Die Pantry bekam eine L-Form, der Salontisch schliesst U-förmig daran an. Der Trick: trotz dem freien Durchgang entsteht im Salon eine weitere, doppelte Sitzgelegenheit und ausserdem noch ein grosser Kartentisch mit praktischem Haltesteg. Um diesen «Profibereich» auch visuell zu definieren, ist die Arbeitsfläche in schwarz gehalten, genau wie das Bordpanel. Gleich darüber ein Bücherregal, Getränkehalter im Tisch und Stauraum.

AUF SPARKURS – ABER NICHT UM JEDEN PREIS

Die Pluspunkte aus der Eignerumfrage wurden weitmöglichst beibehalten. Oder wie es Jéròme formuliert: «Was man bereits hat, braucht keine neuen Investitionen. Wir haben lediglich alles optimiert, was nicht optimal war.» Denn mit der neuen 415 ist der Werft ein kleines Kunststück gelungen. Zum ersten Mal ist ein Nachfolgemodell günstiger als das Vorgängermodell. 10 Prozent weniger für eine ausgereifte Yacht, die auch im Detail überzeugt. Viele praktische Lösungen zeigen, dass man nicht nur für die Belange der wirklichen Segler ein offenes Ohr hatte – sondern auch für die Crew on duty in der Pantry. Das Schneidbrett kann in einem speziellen Fach eingesteckt werden und ein eigenes Trocknungsfach für nasse Abwaschschwämme habe ich so das erste Mal auf einem Boot gesehen…

Für die Kostensenkung wurde nicht an der Bau- und Ausbauqualität gespart. Der Rumpf aus Monolith-Laminat aus Glasfaser und Polyesterharz ISO-Gelcoat verfügt über eine zusätzliche Barriereschicht als Osmoseschutz. Das im Vakuum- Infusionsverfahren (Prisma Process) gefertigte Deck bringt eine Gewichtsreduzierung um nahezu 30% gegenüber einem herkömmlichen Deck – dank besserer Produktionskontrolle und Struktur. Die Bodenplatten knirschen nicht, die Schubladen und Türen laufen mit Dämpfern geräuschlos. Die Handläufe sind mit Leder ummantelt, die indirekte LED-Beleuchtung und die Leselampe sorgen ebenfalls für ein hochwertiges Wohlfühl-Ambiente.

HERE COMES THE SUN… ODYSSEY 415

Jeanneau ist bekannt für die guten Segeleigenschaften seiner Yachten. Für eine weitere Optimierung hat Lombard Design nochmals Hand an das Rumpfdesign gelegt. Das Achterschiff wurde leicht verbreitert, die Wasserlinie mittels einem negativen Steven verlängert. Der Knick im Rumpf zieht sich über die ganze Länge hin. Zusammen mit dem vorbalancierten Doppelruder ergibt das eine ideale Stabilität, man segelt ohne grosse Krängung.

Der Wind baute sich während des Tests immer mehr auf. In der Morgenbrise ohne Wellen begannen wir mit dem Gennaker und marschierten bei 6 bis 8 Knoten Wind schon zügig übers Wasser. Der textile Seilzug der Steueranlage ist angenehm direkt, bei gut getrimmten Segeln genügen zwei Finger am Rad. Grossgewachsene Rudergänger hadern vielleicht etwas mit dem Achterstag im Rücken. Aber wer wie ich die Position am Steuer in Lee vorzieht (man hat das Vorsegel viel besser im Blick), kann sich ganz entspannt in die Heckreling hängen. Bei mehr Wind wechseln wir vom Gennaker auf die 110% Rollgenua, die wie das Gross aus High-Strength-Polyester gefertigt ist. Vom Cockpit aus lässt sich die Genua über Holepunkte noch dichter nehmen. Auch der Hahnepot unterm Baum hilft beim perfekten Trimm des Semi- Fullbatten-Grosssegels. Die gesamte Segelgarderobe stammt übrigens von Jeanneau selbst – mittels Direkteinkauf ohne Zwischenhändler waren weitere Einsparungen möglich, ohne Abstriche an Qualität zu machen. Der Kostenvorteil geht direkt zu Gunsten des Kunden. Bis Mitte Dezember gewährt Jeanneau sogar noch einen attraktiven Einstiegspreis. Das wäre doch das passende Geschenk für unter den Weihnachtsbaum…

Wer das gesparte Budget in mehr Segelleistung investieren möchte, ordert das optionale Performance-Paket mit höherem Alumast, dem passenden asymmetrischen Spinnaker und einem Faltpropeller anstelle feststehender Flügel. Aber bereits mit der Standardkonfiguration segelt sich die brandneue SO 415 auf allen Kursen herrlich angenehm. Ausserdem kann man zwischen drei verschiedenen Kielkonfigurationen wählen: eine Standardversion mit 2.25 Metern, einen Kurzkiel mit 1.60 Metern für flache Gewässer oder einen verstellbaren Schwenkkiel (von 1.37 auf 2.97 Meter).

KOMFORT AHOI

Aus den digitalen Benutzerdaten der Bénéteau-Eigner geht hervor, dass meistens mehr Zeit vor Anker als unter Segel verbracht wird und sich somit doppelt so viele Personen in einem Cockpit aufhalten, das eigentlich für eine Zweipersonen- Crew konzipiert wurde. Auf der 415 verführt der Segelspass sicherlich zu mehr Zeit am Steuer. Doch auch der Komfort vor Ort kommt nicht zu kurz. Dafür sorgt das Walkaround-Konzept, dank dem man bequem und geschützt vom Cockpit bis zum Bug gelangt. Im Cockpit selbst finden vier Personen bequem am Tisch Platz, nochmals zwei können sich locker dazugesellen. Das Motordisplay ist seitlich im Cockpittisch platziert. Hier wird der 45 PS-Yanmar gestartet, eine höhere Motorisierung ist nicht vorgesehen – und auch nicht nötig, wie wir auf der Rückfahrt in die Marina feststellen. Gut isoliert verrichtet der Dieselmotor tadellos und geräuscharm seinen Dienst. Dank den Lazybags ist das Streichen des Gross ein Kinderspiel und das Hafenmanöver wird stressfrei abgespult, da die breiten Ruderblätter Richtungsänderungen sofort umsetzen. Ein letzter Blick über die breite Badeplattform und das Cockpit lässt an ein viel grösseres Yachtmodell denken. Doch die neue SO 415 bietet extrem viel Leistung, Segelfun, Komfort und Detaillösungen wie keine zweite. Und das alles auf 12.35 Meter Länge zu einem äusserst attraktiven Preis.

T: Stefan Detjen
F: Werft

www.jeanneau.com

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