Alain Thébault – Captain e-Nemo

Der französische Unternehmer Alain Thébault, Erfinder des Hydroptère, der SeaBubbles, des The Jet und unermüdlicher Schöpfer von maritimen Grossprojekten, enthüllt ein neues Konzept für ein fliegendes Elektroboot, das Geschwindigkeit, Design und Umweltfreundlichkeit vereint.

In der Welt des Hochseerennsports und der maritimen Welt ist Alain Thébault kein Unbekannter. Ganz im Gegenteil. Der Schiffsarchitekt und ehemalige Segler auf den geschichtsträchtigen Yachten Pen Duick II und Pen Duick VI war in den 90er Jahren mit Unterstützung des legendären Skippers Eric Tabarly massgeblich am Entwurf und an der Entwicklung des Hydroptère beteiligt. Im November 2009 brach er sogar den Geschwindigkeitsrekord für Segelboote mit beeindruckenden 51,36 Knoten in der Spitze und einem Durchschnitt von 50,17 Knoten auf einer Seemeile.

Alain Thébault, dem die Ideen nie ausgehen und der mit Leib und Seele Unternehmer ist, setzte sich nach dieser Herausforderung in den Kopf, über Projekte rund um die maritime Mobilität nachzudenken und sie umzusetzen. “Nach diesem Weltrekord wollte ich den Ozean überqueren. Ich verkaufte meine Pariser Wohnung, um mich ein Jahr lang in San Francisco niederzulassen, bevor ich eine lange Überfahrt von Los Angeles nach Hawaii unternahm. Bei der Überquerung des Pazifiks fand ich mich auf einem Meer voller Plastikmüll wieder, es war entsetzlich”, erzählt der hyperaktive sechzigjährige Vater von drei Kindern. “Damals erinnerte ich mich an einen Satz von Fürst Albert II. von Monaco, der mir sagte, dass Rekorde keine grosse Bedeutung mehr hätten. Seiner Meinung nach sei es viel wichtiger, eine Geschichte zu erzählen. Es wurde mir klar, dass diese Saga sowohl von der Sonne als auch vom Wind getragen wird. Und ich traf mich mit Bertrand Piccard, dem berühmten Schweizer Luftfahrer.”
Er beschloss, den Grossteil seiner beruflichen Laufbahn der Entwicklung von Wasserfahrzeugen zu widmen, die sich mit “einem Minimum an Lärm, Verschmutzung und Wellengang” fortbewegen sollten. Vor einem Kartentisch und mit seinem Caran d’Ache Fixpencil ausgestattet, grübelte, zeichnete und sprühte er vor Ideen, um sich den Wassersport von morgen vorzustellen.

Um das Jahr 2020 herum entsteht sein Projekt SeaBubbles mit der Idee, foilende Boote zu entwickeln, um den Verkehr in den grossen Metropolen, die am Wasser liegen, zu entlasten. Von Paris an der Seine über Miami bis hin zu Dubai oder dem Genfer See: Städte und Hauptstädte sowie Medien und Politiker begeistern sich für diese Elektro-Shuttles, die buchstäblich über das Wasser fliegen. Die ersten Versuche sind erfolgreich. Prototypen werden hergestellt, doch die Seabubbles erweisen sich als zu klein, zu langsam und zu teuer in der Produktion. Da er sich mit einem Teil seiner Partner überworfen hatte, wurde der Erfinder (der nicht auf den Mund gefallen ist) aus dem Start-up-Unternehmen entfernt und kehrte einige Jahre später mit The Jet zurück. Ein wasserstoffbetriebenes Schnellboot auf Foils für den Transport von acht bis zehn Personen auf Seen, Flüssen und anderen Küstenstrecken.

Vor kurzem hat Alain Thébault ein neues Projekt mit dem Namen “e-Nemo” in Angriff genommen. Ein kleines fliegendes Elektroboot, das sich diesmal an eine “Freizeit”-Zielgruppe richtet und auf dem Markt für Freizeitboote revolutionär sein soll, da es auf der Basis von Aluminium und Stahl für seine Foils hergestellt wird.

Ein wahres
Konzentrat an
Technologie und
ein ikonisches
Design

“Die Idee kam mir, als ich mit meiner Familie und meinen kleinen Kindern an den Stränden von Pampelonne im Golf von Saint-Tropez spazieren ging. Sie waren schockiert über die Menge an Müll, die ins Meer gespült wurde. Warum werden noch immer Plastikboote hergestellt?”, erklärt der Designfan, der Apple und Tesla verehrt.

Die e-Nemo wird aus Aluminium, Stahl, Flachsfasern und biobasierten Harzen hergestellt und ist somit grösstenteils wiederverwertbar. Das von einem Team von etwa zehn Personen, darunter drei Ingenieure aus dem America’s Cup,
erdachte Projekt ist vor allem das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem technischen Direktor Laurent Perrier sowie Emile Di Serio und Christian Georges vom Familienunternehmen Saint Jean Industries. Dieses Unternehmen aus dem Beaujolais ist sehr aktiv in der Automobilbranche (u. a. Tesla) und verfügt u. a. über Fabriken in Europa, den USA und Asien.

Business- und Lagunenversionen
für die Luxushotels
von HEUTE

An Bord des e-Nemo wird es ein Steuerungssystem geben, das mit zwei Joysticks, einem iPad oder einem iPhone verbunden ist. Das nur 1.700 Kilogramm schwere Gefährt erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 35 Knoten (gegenüber 22 Knoten im Cruisemodus) und verfügt über eine Batterie mit einer Kapazität von 60 kWh. Die eigentliche technische Innovation wird sich jedoch unter dem Rumpf befinden, mit einem Foil von grosser Flügelweite, das sich über die Breite des Rumpfes hinaus erstrecken wird. “Der e-Nemo wird mit etwa 7 Knoten abheben und so den hydrodynamischen Widerstand um 40% reduzieren. Sein einziehbares Foil mit einer neuartigen Kinematik zum Hochklappen ist Gegenstand eines in der Schweiz angemeldeten Patents”, erklärt das Schweizer Start-up-Unternehmen, das demnächst die Produktion in Frankreich mit 200 herzustellenden Einheiten aufnehmen will. e-Nemo bietet Platz für bis zu sechs Personen und wird auch als “Business”-Version angeboten, für die bereits Anfragen von Schweizer und monegassischen Unternehmern vorliegen, sowie als “Lagune”-Version für Luxushotels. Ein wichtiges Detail: Für e-Nemo sind ausser einem Bootsführerschein keine besonderen Navigationskenntnisse erforderlich. Das erste e-Nemo-Modell soll noch im Laufe dieses Jahres zu Wasser gelassen werden.

Aus dem Französischen von Stefan Detjen

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