In Skandinavien träumen die meisten Menschen davon, ab der Mittsommernacht den Sommer bis in den August hinein im eigenen Sommerhaus am Meer oder an einem See zu verbringen. Aber egal, ob einfach oder super luxuriös, es gibt noch eine viel bessere Möglichkeit zu einem Haus…
Ich war im Sommer 1983 zum ersten Mal auf einem Segeltörn in den Stockholmer Schären unterwegs und habe viele herrliche Sommerhäuser vom Wasser aus bestaunt. Seither bin ich fast jedes zweite Jahr zum Segeln in dieses Revier zurückgekommen. Weil mir die Last des Skipperseins mit zunehmendem Alter immer schwerer fällt, haben mein Partner und ich uns nach einem Revier umgesehen, das landschaftlich ähnlich schön, aber mit einem Motorboot befahrbar und vor allem noch nicht überlaufen ist. Dank Nautic Travel in Rapperswil haben wir unser neues Paradies gefunden: den Saimaa-See in Finnland.
Der Saimaa-See ist der viertgrösste See Europas (nach zwei Seen in Russland und dem Vänern-See in Schweden). Er liegt in Südost-Finnland, nahe der Grenze zu Russland und besteht aus einem riesigen Netz von Teilseen, welche die finnische Seenplatte bilden, ein Gebiet zweieinhalbmal so gross wie die Schweiz. Von Lappeenranta im Süden der Seenplatte bis zu den beiden nördlichsten Orten Iisalmi bzw. Nurmes sind es über 300 Kilometer. Das bekannteste Städtchen am Saimaa ist Savonlinna im Zentrum der Seenplatte. Savonlinna zieht im Juli mit seinem Opernfestival in der Burg des Ortes Opernfans aus aller Welt an.
Noch besser als ein Häuschen am See?
So wunderbar ein Sommerhaus am Wasser sein mag, mir gefällt die Idee, auf dem Wasser mobil zu sein und den Standort nach Belieben wechseln zu können noch besser: ein Boot, auf dem man leben kann. Boote gibt es am Saimaa-See an verschiedenen Orten zu chartern. Wir sind in Savonlinna fündig geworden, bei Harri von Saimaacharter (Saimaan Vuokravenho https://saimaanvuokravenho.fi/de/etusivu-deutsch/). Wie bei den Sommerhäusern gibt es auch bei den Charter-Motorbooten Auswahl von einfach bis luxuriös. Wir haben uns für Luxus entschieden und schon zweimal das Linssen Hybridboot «Electra» gemietet. Electra bietet einen gemütlichen Wohn-/Essraum mit moderner Küche, ein Doppelbett neben dem Steuerstand im Bug, Bad und separates WC in der Mitte des Schiffs und Terrassen im Bug, im Heck und auf dem Dach. Sehr viel Platz und Komfort für zwei! Man kann auch zu viert reisen, dann wird aus dem Wohn-/Essraum in der Nacht ein zweites Schlafzimmer, abtrennbar mit Schiebetüre. Etwas speziell für uns: auf dem Dach der Elektra fährt ein grosser Gasgrill mit.
Saimaacharter bietet aber auch Boote des Typs Norrpa aus nordischer Produktion an. Diese Boote sind einfach, gemütlich und bieten Platz für vier bis sechs Personen. Und ganz besonders: Sie haben eine eingebaute Sauna und sind deutlich günstiger als die beiden Linssen Yachten.
Finnen können sich ein Leben ohne Sauna und Grill nicht vorstellen. Bei den meisten Naturhäfen gibt es eine Grillstelle, bei manchen auch eine Sauna. Das Hafenhandbuch enthält entsprechende Informationen.
Was bietet der Saimaa?
Einen See wie diesen findet man nirgendwo sonst. Der Saimaa ist kein zusammenhängendes Seebecken, sondern ein verzweigtes Labyrinth aus weiten Gewässern und Tausenden von Inseln. Die vielen Teilseen des Saima sind unglaublich vielseitig: offene Wasserflächen, die sich mit engen Durchfahrten abwechseln, lauschige, ruhige Buchten, schroffe Klippen aus Granit, Steine und Felsen, sandige Buchten und Bäume, Bäume, Bäume. Hier zeigt sich die finnische Natur von ihrer schönsten Seite, mit sauberem Wasser und ausgedehnten, naturbelassenen Wäldern. In diesen und auf den unzähligen Inseln findet man Pilze und Beeren. Und vor allem aber findet man hier Ruhe, Weite, Einsamkeit und sehr wenig Menschen. Wenn wir am selben Tag mehr als ein anderes Boot angetroffen hatten, schlugen wir die Hände über dem Kopf zusammen und sagten zueinander: «So ein Verkehr heute!»
Tipps für die Törnplanung
Mit zwei Wochen Zeit lässt sich der Teil südlich von Savonlinna gut erkunden. Man befährt den Philavesi, macht auf dem Weg nach Süden in Puumala einen Einkaufsstopp, verbringt die Törnhalbzeit in Lappeenranta und fährt via Puumala wieder nach Norden bis Savonlinna. Uns gefällt die Gegend östlich von Savonlinna und insbesondere der Puruvesi sehr gut. Klares Wasser, wenig Verkehr und mit der Ortschaft Kerimäki, bekannt für die grösste Holzkirche der Welt, eine Einkaufsgelegenheit auf dem Weg zu einer wunderschönen Bucht am nördlichen Ende des Puruvesi (4692 im Hafenhandbuch oder hier: www.veneilysaimaa.com/satama/linnasaari-puruvesi/), wo es uns zur Törnmitte während ein paar Tagen sehr gut gefallen hat.
In Savonlinna gibt es einen grossen Supermarkt mit Bootsplätzen (4528). Saimaacharter hat beim Hafen 4704 einen eigenen Steg, wo man mitten in Savonlinna gratis liegen kann. Zum «Alko», dem staatlichen Alkoholverkaufsgeschäft, ist es eine Viertelstunde zu Fuss und wenn man fragt, darf man einen Einkaufswagen mit zum Boot nehmen (und leer wieder zurückbringen), damit man die vielen schweren Flaschen nicht tragen muss.
Einkaufsmöglichkeiten im Revier südlich von Savonlinna: Puumala (4407), Lappeenranta (4030, mit Waschmaschine im Hafengebäude), Kerimäki (4644). Alle drei Ortschaften mit Alko. Öffnungszeiten beachten!
www.alko.fi
Savonlinna erreicht man mit dem Intercity ab Helsinki und Umsteigen in den Regionalzug in Parikkala in knapp vier Stunden (hwww.vr.fi/en). Harri holt die Gäste nach Vereinbarung an der letzten Station vor Savonlinna ab und bringt sie zur Werft. Die Linssen-Yachten werden von Montag bis Montag vermietet. So bietet es sich an, das Wochenende vor dem Törn in Helsinki zu verbringen und die finnische Hauptstadt zu geniessen. Es gibt sehr gute Restaurants mit nordischer Küche und die berühmte Felsenkirche lohnt einen Besuch (sonntags geschlossen). Am Montag fährt man dann um ca. 10 Uhr im Hauptbahnhof ab und ist um 14 Uhr auf der Werft. Nach dem Törn ist es möglich, am Vormittag das Boot abzugeben, mit dem Zug zum Flughafen von Helsinki zu fahren und einen Abendflug nach Hause zu nehmen. Hafenhandbuch: «The Great Harbour Book: Lake Saimaa and its Waterways». Die Hafennummern stammen aus diesem Buch. Jedes Boot von Saimaacharter ist damit ausgerüstet. Es ist hier erhältlich: www.satamakirja.fi/
Die Website www.veneilysaimaa.com (Übersetzung in Deutsch einschalten) liefert Bilder und Pläne der (Natur-)Häfen und eignet sich sehr gut für die Törnvorbereitung ohne Hafenhandbuch.
Weitere touristische Tipps auf www.visitsaimaa.fi/de/
Der Autor gibt Interessierten gerne weitere Tipps. Disclaimer: Wir haben unsere Törns selbst bezahlt und besitzen keine Aktien von Saimaacharter.
