Eine bezaubernde Herausforderung: Die nördliche Bretagne. Wir haben sie in die Zange genommen. Kollege Detlef Jens vom Boot und Wave-Chefredaktor Stefan Detjen vom Strand aus.
Einfach so als Inspiration und Einladung.
Unser erster „Hafen“ in der Bretagne ist auch gleich einer der schönsten. Nach einem zauberhaften Nachttörn von Cherbourg aus nach Südwesten an den Kanalinseln vorbei, segeln wir bei Sonnenaufgang zwischen die Felsen auf den Ankerplatz der Ile de Bréhat. Die Ankunft bei Niedrigwasser erweist sich als praktisch, erspart man sich doch so die Rechnerei, ob dann noch mindestens die Handbreit Wasser unter dem Kiel verbleibt. Denn die wilde und romantische Nordbretagne ist eine Herausforderung für Segler. Bei Niedrigwasser und oft schon viele Stunden davor verwandeln sich weite Flächen glitzernden Wassers in eine bizarre Mondlandschaft aus scharfzackigen Felsen: Bis zu zehn Meter Tidenhub machen es möglich. Dieser enorme Gezeitenunterschied lässt das Wasser umso schneller strömen, stellenweise mit einer Geschwindigkeit, die so manch eine Fahrtenyacht allenfalls bei frischer Brise erreicht.
Die Ile de Bréhat sind eigentlich zwei Inseln im Mündungsbereich des Rivière de Trieux, die im 18. Jahrhundert durch eine schmale Strasse miteinander verbunden wurden. Alles scheint hier etwas klein geraten zu sein, die winzigen Sandstrände, die schmalen, gewundenen Wege, der niedrige Leuchtturm Rosedo. Verwunschene Häuser verstecken sich unter niedrigen Bäumen und hinter dichten Büschen, die meisten davon sind Feriendomizile wohlhabender Festlandsfranzosen. Das Klima wirkt fast subtropisch. Überall wachsen Palmen, Pinien, Mimosen und Eukalyptusbäume.
Dann zieht es uns weiter nach Westen, zur Côte du Granit Rose. Die Felsen sind hier wirklich in zartem Altrosa gefärbt, so auch in Ploumanac’h. Zwischen dem Leuchtturm Pointe de Mean Ruz und einem Bilderbuch-Château auf einer kleinen Insel geht es hinein in die schmale Einfahrt. Kristallklares Wasser ermöglicht tiefgründige Einblicke, wir können jeden Stein und jedes Büschel Seetang am Grund erkennen. Bei Nipptide ist dies bestimmt einer der idyllischsten Ankerplätze, denn dann verbleiben hier bei Ebbe noch knappe zwei Meter Wasser. Wir haben jetzt allerdings Springtiden und verlegen uns in ein weiter innen liegendes Becken, das wie eine Lagune von der restlichen Bucht abgetrennt ist. Hier liegen wir abends an einer langen Reihe von Moorings wie in einem idyllischen Teich, während draussen in der Einfahrt Trockenheit herrscht. Tücken der Tide: Die Höhe der Gezeit ändert sich von Tag zu Tag. In der zweiten Nacht landet unser Kiel auf dem Boden und zwei Stunden verbringen wir in vorübergehender Schräglage.
So trödeln wir gemächlich nach Westen, von einem Hafen zur nächsten Ankerbucht oder Flussmündung. Monate könnte man hier verbringen und das habe ich auch vor. Denn neben den beseelenden Land- und Seeschaften locken hier ja auch noch die unendlichen Variationen essbaren Meeresgetiers, mit und ohne Schalen, die mit dem frischen und köstlichen Muscadet aus dem Tal der Loire heruntergespült werden wollen.
Das Ende der Welt, Finisterre, ist das westliche Ende auch der nördlichen Bretagne. Die vorgelagerten Inseln Ouessant, Molene und einige andere können bei ruhigem und stabilen Wetter erkundet werden. Immer geschützt ist es im Fluss Aber Ildut oder natürlich in der Rade de Brest, einem grossen Naturhafen mit vielen idyllischen Dörfern und Ankerplätzen. Sowie in zwei modernen Marinas in der Grossstadt Brest mit allen Einrichtungen und besten Verkehrsverbindungen für einen eventuellen Crewwechsel.