Ein bewegtes Leben? Das umschreibt nur ansatzweise das aufregende CV, welches Michael Kurtz als Yachtdetektiv, Versicherer und Fotograf vorweisen kann. Auf jeden Fall spannend, unkonventionell und lehrreich. Und als roter Faden Yachten – entweder als verschwundene Versicherungsobjekte oder als begehrte Fotoobjekte.

Ein bewegtes Leben? Das umschreibt nur ansatzweise das aufregende CV, welches Michael Kurtz als Yachtdetektiv, Versicherer und Fotograf vorweisen kann. Auf jeden Fall spannend, unkonventionell und lehrreich. Und als roter Faden Yachten – entweder als verschwundene Versicherungsobjekte oder als begehrte Fotoobjekte.
Sich selbst beschrieb er einmal so: «Volkswirt, Manager, Regattasegler, Pleitier. Hingefallen und wieder aufgestanden.» Hinzu kämen, mindestens, noch: Yachtdetektiv und Fotograf. Michael Kurtz, 72, hat wirklich ein turbulentes Leben gelebt, lebt es noch. Gerade erst gewann er den «Delegate’s Award» des «Yacht Racing Image Award», für Profifotografen im Yachtsport. Eine grosse Auszeichnung, nun auch unter den besten Yachtfotografen der Welt anerkannt zu sein. Schon Anfang des Jahres gewann er den «Concours International de Photographie 2024» des Yacht-Clubs Saint Barthélemy, wo er jedes Jahr die spektakulären Wettfahrten um den «St. Barth Bucket» fotografiert.
Vor Jahren schon war er ausserdem die Inspiration für meine Romanfigur, dem an Bord seiner Segelyacht lebenden Yachtdetektiv Fabian Timpe*. Die vom realen Yachtdetektiv Michael Kurtz erlebten Geschichten und Räuberpistolen geben mehr als genug Stoff her, nicht nur für Romane, sondern auch für zahlreiche Artikel, Portraits und Interviews in den unterschiedlichsten Medien.
Ein Leben wie das von Michael Kurtz kann man sich allerdings kaum ausdenken. In Hamburg geboren, zu den Zeiten der Endsechziger Studentenrevolten, Rudi Dutschke und andere hatten dort Volkswirtschaft studiert. Zusammen mit der späteren RAF-Terroristin Susanne Albrecht lernte er im Norddeutschen Regatta Verein das Segeln, ganz offiziell und gründlich, auf dem Wasser hatte er sich schon seit Kindheit herumgetrieben.


Nach dem Volkswirtschaftsstudium in Hamburg machte er auf Fehmarn einen Yachtcharter und Yacht-Reparaturbetrieb auf. Zu grosser Ehrgeiz, dramatisch schnelles Wachstum und persönliche Differenzen mit seinem Geschäftspartner führten in eine grandiose Pleite. Mit gerade mal 32 Jahren sass er auf einem enormen Schuldenberg, der andere Menschen wohl eher erdrückt hätte.
Der Job beim Yachtversicherer Pantaenius rettete ihn und gab ihm eine zweite Chance, aus der er das Allerbeste machte. Das war Mitte der 1980er Jahre, als besonders viele und besonders teure Yachten vor allem im Mittelmeer verschwanden. Gesunken oder geklaut, es war auffällig und vor allem zu teuer für die Versicherung. Kurtz begann, sich zu kümmern, die Fälle vor Ort zu untersuchen, oft mit unkonventionellen, mutigen und auch gefährlichen Methoden. Aber es gelang ihm, immer mehr Fälle zu klären und gestohlene Yachten wieder zu finden. Über die Jahre baute er zusammen mit seinem Kollegen Peter Siegfried ein engmaschiges Netzwerk auf, das nicht nur im Mittelmeer, sondern bis in die Karibik und weiter reichte.
In extrem spannenden 20 Jahren und jeweils rund 200 Tage auf Reisen pro Jahr wurden circa 250 gestohlene Yachten wieder gefunden – und sehr viele Betrügereien aufgedeckt. Diese gingen dramatisch zurück als Mobiltelefone und das Internet präsent wurden. Aus dieser Zeit ist die Pantaenius Schadens-Management Tochter Marine Claims Service (MCS) hervorgegangen, die heute noch existiert. Seinen Job als Yachtspürnase war bis auf ein paar Ausnahmefälle beendet. Fahndungen und Nachforschungen verliefen nun in anderen Kanälen, meist vom Schreibtisch aus.
1997 schlug er ein weiteres Kapitel auf und gründete die Pantaenius-Dependance in Monaco und 2005 folgte die Niederlassung in Palma de Mallorca. Diese wurden schnell ein sehr grosses und erfolgreiches Geschäft, analog wohl zu den ebenfalls sehr grossen Yachten, die hier versichert wurden. Nachdem er Pantaenius Monaco jahrelang gemanagt hatte, verabschiedete er sich vor einigen Jahren vom Pantaenius-Management – nicht jedoch in den Ruhestand.

Fotografieren und kontaktieren
Fotografiert hatte er sein Leben lang und schon als 15-Jähriger damit begonnen. Auch in seiner wilden Zeit als Yachtdetektiv fotografierte er konsequent Boote und Schiffe. Nicht als Künstler, sondern, um Fälle und Beweise zu dokumentieren. Aber auf seinen vielen dazu notwendigen Reisen – an oft schönsten oder exotischen Orten – hat er auch immer wieder Bilder gemacht, die begeistern und lange Zeit sehr erfolgreich für das Marketing der Firma Pantaenius eingesetzt wurden.
1989 fotografierte er zum ersten Mal die Rennyachten auf der «Nioulargue», der legendären Veranstaltung in Saint-Tropez, aus der 1999 «Les Voiles de Saint Tropez» hervorgingen. Seitdem fotografierte er die prächtigen Segelyachten immer wieder auf grossen Events. Nicht nur aus Begeisterung, sondern auch, um einen Zugang zu den Kapitänen und Eignern zu erhalten, denen er dann ein Angebot für eine Versicherung bei Pantaenius machen konnte. Eine erfolgreiche Strategie und, wie der ganze Mensch Kurtz, sehr unkonventionell – so jedenfalls agiert der durchschnittliche Versicherungsvertreter nicht!
Peter Neumann habe ihn mit seinen tollen Fotos immer motiviert, sagt Michael Kurtz. Aber auch Tom Nitsch, für den er jahrelang das Fotoboot fuhr und immer parallel selber fotografierte. Da es in der Action und Hektik inmitten der Regattafelder nicht möglich war, den Tender sicher zu fahren UND die Objektive zu wechseln, hatte er fünf Taschen mit fünf vorher eingestellten Kameras vor sich hängen. Diese konnte er bei Bedarf blitzschnell nutzen, um den Moment der Momente einzufangen. 20 Jahre Yacht Fotografie, daraus ist heute ein riesiges Fotoarchiv geworden.
So kam er den echten Profis der Yacht-fotografen immer näher. Auf den Bucketregatten in St. Barth war er jahrelang mit den besten Fotografen der Welt auf einem Tender. Hier schaute er sich immer mehr die praktische Arbeit mit Boot, Motiv und Kamera ab, seine Bilder wurden anspruchsvoller, oft sehr individuell und letztlich auf hohem Niveau professionell.
Nun also die verdiente Ankunft im Kreis der besten Yachtfotografen der Welt. Seit vielen Jahren schon lebt Michael Kurtz in Südfrankreich und ist immer noch rastlos. Im Yacht Club Cannes hat er sein Finn-Dinghy liegen, welches er aktiv in der «Masters» Division «Legends» segelt.
Mit 72 arbeitet er immer noch – als freier Yachtconsultant für diverse Firmen in der Yachtbranche und als Schadensabwickler, nun allerdings auf Seite der Yachteigner. Und eben auch als Yachtfotograf. Seine Begeisterung für Yachten bleibt ungeschmälert. Was ihn jedoch zu Recht in Rage bringt: wenn seine Bilder heruntergeladen und ohne Copyrighthinweis illegal verwendet werden. Es gibt sogar Bildagenturen, die seine Fotos widerrechtlich weiterverkaufen. So geschehen im Falle der spektakulär gesunkenen Perini-Yacht «Bayesian», die weltweit für Schlagzeilen sorgte. Meist verwendendetes Foto in fast sämtlichen Artikeln und Berichten: ein Foto von Michael Kurtz, aufgenommen in St. Barth.
Natürlich könnte Kurtz seine Aufnahmen auch mit einem Wasserzeichen schützen. Tut er aber nicht, weil es eben die Schönheit ruiniert.
T: Detlef Jens
F: Michael Kurtz
