Okinkapampa von Orango

Vor uns am Boden sehen wir gigantische Fussabrücke, so gross dass unsere Eigenen locker fünfmal darin Platz finden könnten und eine überbreite Schneise im sonst meterhohen Grass. Beides zeigt uns an, dass wir nicht mehr weit weg sein können.

Nach stundenlangem Suchen, geplagt von der unbarmherzigen Mittagssonne, Sümpfe und Mangrovenwälder die uns den Weg versperrt haben und lästigen Insektenschwärmen, glauben wir den Ort gefunden zu haben, der uns gestern in Angagumé beschrieben worden ist. Der Ort an dem die letzten Salzwasserhippos dieser Welt leben, circa 50 von Ihnen soll es noch geben.

Die Schneise, welche eines dieser gewaltigen Tiere in das meterhohen Grass getrampelt hat, endet und wir stehen vor einem kleinen Schwimmpflanzen überwucherten See. Hier müssen sie sein. Die einzige Möglichkeit ihren massigen Körper bei der Hitze zu kühlen, ist dieser See. So wurde es uns gestern in dem Dorf Angagumé auf der Orango erklärt. Wir wurden auch gewarnt, wie unberechenbar und gefährlich Hippos sein können. Mehrere Menschen auf Orango sind schon gestorben beim Versuch die Tiere von ihren Reisfeldern zu vertreiben. Pro Nacht kann ein Hippo bis zu einer Tonne Reis zerstören. Angespannt beobachten wir aus sicherer Distanz das Treiben rund um den kleinen See, sehen Reiher auf ihrer Jagt nach Kleintieren und ein Krokodil welches gemütlich aus dem Wasser kriecht. Aber auch nach einer Stunden Geduld sehen wir noch kein Anzeichen eines Hippos.

Nachdem wir im April 2019 in Marseille auf einem 26 Fuss «Wharram» Katamaran aus Sperrholz gestartet waren und in Marokko, auf den Kanaren und Kapverden segelten, waren wir im August in Dakar angekommen. Dies war für uns der Beginn des Entdeckens eines einzigartigen Segelgebiets. Im Senegal haben wir den Sinne-Saloum sowie die Casamance besegelt, dazwischen waren wir im Gambia und dem gleichnamigen Fluss unterwegs. Ein Segelgebiet abseits bekannter Routen mit spärlichen Informationen. Umso mehr waren wir auf die Hilfe der Einwohner angewiesen und sind durch den regen Kontakt mit ihnen, der Lebensart und Kultur der Bevölkerung näher gekommen, als sonst irgendwo auf meiner Reise.

Zurück nach Orango, die Insel der Salzwasser Hippos. Orango ist eine von 88 Inseln des Bissagos Inselarchipels vor Guinea-Bissau, dem Land südlich vom Senegal. Die Insel Orango ist wie auch 20 Weitere bewohnt. Vor unserer Ankunft auf Orango wussten wir nichts über diesen Ort. Basierend auf Satelitenbilder von Google Maps vermuteten wir einzig wo wir einen geschützten Ankerplatz finden würden. Doch bevor wir den Anker setzten können, werden wir von einem Militärboot auf Patrouille angehalten und befragt ob wir eine Bewilligung haben, um das Naturschutzgebiet von Orango zu betreten. Wir verneinen und bekommen die frustrierende Information, dass wir die Bewilligung in der Hauptstadt Bissau einholen müssen, aber es folgt eine weitere, höchst interessante Information: auf dieser Insel gibt es Hippos. Wir werden gefragt ob wir seit unserer Ankunft auf Orango gefischt haben, wieder verneinen wir und bekommen sogleich ein Teil der Fische geschenkt, die die Militärs heute morgen auf der Patrouille gefangen habe.

Bei der zweiten Ankunft auf Orango, nun mit einer Bewilligung, ankern wir im Norden der Insel, mit einem Zugang zu einer Siedlung, in der wir uns versprechen Informationen über die Standorte der Hippos zu bekommen. Wie so oft werden wir überrascht und bekommen noch viel mehr. Wie an den meisten Orten die wir in Westafrika besuchten, sind auch hier Kinder die Ersten, welche unsere Ankunft registrieren. Sie haben viele Fragen und zeigen uns die verschiedenen Gebäude, die meisten aus Lehm mit Strohdächern, zwei Gebäude sind aus Ziegelsteinen und einem Wellblechdach, die Schule und ein Spital.

„Wer wohnt in diesem Haus?“ fragen wir und deuten auf ein grosses und zentral gelegenes Gebäude. „Niemand“ ist die Antwort, es ist die Grabstädte von Okinkapampa.

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