Wer mit einer Karriere als Offshore-Segler liebäugelt, soll jetzt bitte weiterlesen. Ein neuer Einheitsracer kann als Karrierebooster den Weg zum Segelcrack abkürzen. Alternativ kann man sich die flotte Sun Fast 30 OD auch als schnelles Weekend-Boot zulegen und den Mitseglern das Heck zeigen…
Schnell segeln… wenn man sich die foilenden Cupper im aktuellen America’s Cup anschaut, könnte man als Old School Sailor fast ein wenig neidisch werden. So ein bisschen etwas von diesem Speed möchte man auch haben. Aber mit Helm und Schutzweste mit hundert Sachen übers Wasser brettern? Nein danke. Geschwindigkeit ist ja relativ und man braucht eigentlich nur das richtige Boot dazu. Die neue Sun Fast 30 OD sieht schon optisch schnell aus, mit ihrem Semi-Scow erinnert sie ein bisschen an die flotten Flitzer aus der Mini-Klasse. Auch das fraktionale Sloop-Rigg (9/10) macht einen guten Eindruck: der Karbonmast vom französischen Hersteller Sparcraft trägt ein Paar stark gepfeilter Salinge.
Reckfreie Dyform-Wanten geben dem auf Deck stehenden Mast die nötige Stabilität. Ein Achterstag sucht man vergebens. Dafür laufen Runners, die Backstagen, bis ins Topp hinauf. Die kommen nachher beim Masttrimm zum Einsatz.
Also fackeln wir nicht lange, gehen an Bord und legen ab. Dank dem kompakten 10-PS-Motor kommen wir im Handum-drehen aus dem Hafenbecken von Port Canto und setzen flugs das Gross. Das weit ausgestellte schwarze Fat- oder Squareheadsegel gefällt schon auf den ersten Blick, passend dazu das gleichfar-bige und weit überlappende Vorsegel. Und schon zeigt die Kleine, was in ihr steckt. Sie macht das Beste aus dem Windchen im tiefen einstelligen Bereich. Das Doppel-ruder reagiert zwar direkt auf Steuerbe-wegungen, doch wenig Wind gleich wenig Ruderdruck.
Doch je weiter wir aus der Bucht hinaus segeln, desto mehr Knoten verzeichnet die B&G-Anzeige. Schade nur, dass das Bordsystem noch nicht kalibriert ist, die Angaben stimmen hinten und vorne nicht. Aber am besten segelt man ja mit dem Hintern, da wird das Boot erst richtig spürbar. Was sofort klar ist: ein harter Amwindkurs behagt dem VPLP Riss nicht zu 100 Prozent. Ein bisschen Abfallen und schon verstärkt sich das Rauschen am Ruderblatt. Ganz in seinem Element ist der Einheitsracer, wenn er mit halbem Wind oder raumschots unterwegs ist. Dann ist das Handling speziell unkompliziert und es lässt sich gut plaudern.
EINE KLASSE MIT VORGESCHICHTE Denn mit an Bord ist auch Louis Vaquier. Der aktive Regattasegler kennt das Konzept und den Bau des neuen Jeanneau One Design Racers aus dem Effeff, denn als Multiplast-Mann hat er das gesamte Projekt begleitet. Multiplast? Das sind doch die mit den Custom-made Oce-an-Multihulls? Ja, und genau mit diesem bretonischen Carbonspezialisten (an dem auch Alinghi-Bauer Décision beteiligt ist) hat sich Jeanneau zusammengetan, um die neue C30 Klasse zwischen Mini 6.50 und Class 40 zu etablieren. Die direkte Konkurrenz in dieser durchaus interes-santen Nische kommt dabei ausgerechnet aus dem eigenen Haus.
So besetzen die Figaro 3 und die Sun Fast 3300 bereits Marktanteile für die Groupe Bénéteau. Dazu gesellt sich noch die Dehler 30 One Design aus Deutschland, die sich eben-falls grosser Beliebtheit erfreut. Wo also liegen die Chancen für eine neue One Design Class im gleichen Segment, frage ich. Louis weist auf die baulichen Stärken seines Babys hin. Eine Tochtergesellschaft von Multiplast, die „Ouest Composites Industries“ in Auray produziert die Prefor-men und Formen für das Boot. Der Rumpf inklusive der Schotts werden aus thermo-plastischen Elium®-Harz im Infusionsver-fahren unter Vakuum hergestellt. Darauf wird das Deck im Sandwich-Verfahren mit PET-Schaum und Elium®-Harz aufgebaut. Und überhaupt, das Harz: es kommt von Arkema, wurde gemeinsam mit der Béné-teau Group entwickelt und ist rezyklier-bar! Also nachhaltig! Also im Trend! Ich frage mich, ob sich ein ambitionierter Seg-ler allein von diesem Argument begeistern lässt. Wer denkt schon beim Kauf eines Bootes an dessen zweites Leben?
Da stufe ich den prominenten Rücken-wind für die neue Klasse schon höher ein. Die Racing Division des Yacht Club de France, der Royal Ocean Racing Club (UK) und der Storm Trysail Club (USA), haben sich zum Ziel gesetzt hat, Segeln zu fördern, zu-gänglicher zu machen und den Nachwuchs für den Regattasport zu begeistern. Und genau für diesen Zweck wurde von der französischen UNCLA (Union Nationale pour la Course au Large) ein neues, einfaches Designprojekt für eine C30 Klasse in Auftrag gegeben. Die Antwort hiess Sun Fast 30 OD. Ideal für Offshore-Regatten für Einhandsegler oder Zweiercrews, einfach im Handling und problemlos trailerbar. Louis als Multi-plast-Marketingmann kümmert sich um die Beziehungen zu den zuständigen Vereinen, die Lancierung und Animation des Klassen- und Rennprogramms, sowie die Verkaufsbetreuung. Er habe bereits mehr als 40 Bestellungen auf dem Tisch, jede Woche verlässt ein Exemplar die Fertigungshalle in Cheviré bei Nantes.
SEGELN – UND SONST NICHTS
Die Leistung des kompakten Einheits-bootes macht Spass. Man merkt, dass im modernen Rumpf von Vincent Lauriot Prevost (der übrigens auch die Figaro 3 gezeichnet hat) viel Erfahrung und Entwicklungsarbeit steckt. Eigentlich könnte ich alleine segeln, die Sun Fast 30 OD ist absolut einhandtauglich, aber zu zweit macht es eben mehr Spass. Auch für den Wechsel von der Fock auf den Gennaker ist es im Duo viel entspannter. Der einfa-che Ausfahrmechanismus des Bugspriets ist auch ein Sicherheitsmerkmal: er liegt ausserhalb an Deck und durchbohrt den Bootskörper nicht. So unter Vollzeug rauschen wir durch die Bucht, bis wir die Sun Odyssey 350 vor uns auf gleichem Kurs entdecken. Sie wissen schon was jetzt kommt: die Augen des Steuermanns verengen sich (Tunnelblick), die Ge-spräche verstummen, da wird justiert, dort wird etwas dichter genommen. Wir schaffen ein schönes Überholmanöver auf der Luvseite und ziehen an der längeren Sun Odyssey vorbei. Dabei ist auch die keineswegs eine lahme Ente (siehe Test in Wave 62).
Zurück im Hafen vergesse ich vor lauter Segelbegeisterung den obligaten Blick unter Deck. Kleiner Schock, der aber schnell vergeht. Ein Wohlfühlfaktor stand nicht auf der Vorgabenliste an den Desig-ner. Sagen wir mal so: die Einrichtung ist sehr, sehr einfach. Weiss, praktisch und funktionell. Schliesslich haben wir es hier mit einem Boot zu tun, das auf maximale Effizienz, Gewichtseinsparung und struk-turelle Steifheit getrimmt ist. Der «Salon» ist klein und gegenüber dem Eingang befindet sich das Hauptschott, das die Kräfte des an Deck stehenden Mastes auf-nimmt. An der Steuerbordseite befindet sich eine kleine Navstation mit «Schreib-tisch», Hauptschalttafel und Funkgerät. Bänke bieten Stauraum auf beiden Seiten. Im vorderen Teil des Bootes sind zwei Lotsenkojen platziert – einfache, aber sichere Rohrkojen, in denen man auch bei viel Schräglage gut schlafen kann. Rechts vom Niedergang befindet sich ein Wasch-becken mit einem kleinen Frischwas-serkanister. Vielleicht etwas ungünstig platziert, denn der offene Toilettenraum mit einem Jabsco-Pump-WC auf einem kleinen Podest liegt weiter vorne «um die Ecke» vor dem Hauptschott. Spartanisch auch die Polsterkissen – es gibt nämlich keine. Wozu auch Komfort? Wenn man mit nassem Oelzeug hinabsteigt, um die Position zu checken, braucht man keine Kissen. Hauptsache, man liegt an der Spitze des Regattafeldes…