Und immer locken die Segel
Mit den Voiles de Saint-Tropez gibt es einen guten Grund, der pittoresken Hafenstadt einen Besuch abzustatten und das ganz besondere Ambiente in vollen Zügen zu geniessen. Es ist die spezielle Mischung, die den Reiz von «St. Trop» ausmacht, Luxusyacht neben Fischerboot, VIPS neben Guck-mal-Touristen, Dior neben Souvenirkitsch. Wave suchte Antworten auf die Fragen: Wer hat hier zuerst geankert? Wer hat aus dem Fischerhafen eine Jetset-Destination gemacht?
Es liegt auf der Hand: Natürlich waren es Segler, die Saint-Tropez entdeckten. Blenden wir kurz zurück. Rund 600 vor Christus tummeln sich die Phönizier in Marseille als idealer Handelshafen und liegen oft in den Ankerbuchten von Aegitna (Cannes), Antipolis (Antibes) und Nikaïa (Nice). Mit seiner gut geschützten Bucht ist Saint-Tropez bereits als kleiner Hafen unter dem hellenischen Namen Athenopolis bekannt. Als die Römer die Herrschaft im Mittelmeer übernehmen, bauen sie auch gleich die ersten Villen über der Ortschaft, die sie jetzt Heraclea-Caccaliera nennen. Ihre Glanzzeit geht zu Ende als die Westgoten Rom erobern und im Südosten Galliens nach Spanien marschieren. Am Genfersee hat sich 443 eine Gruppe germanischer Stämme niedergelassen, die ihr Königreich der Burgunder bis ans Mittelmeer ausdehnen. Dort sorgen Piraten für Angst und Schrecken. Im Laufe des 10. Jahrhunderts plündern und brennen Piraten ganze Dörfer nieder. Diese fast 100 Jahre andauernden Ausschreitungen werden in der kollektiven Erinnerung allesamt den Sarazenen zugeschrieben.
Von 890 bis 972 war die Halbinsel Saint-Tropez eine arabisch-muslimische Siedlung unter dem Namen Jabal al-Qilâl (“Berg der Gipfel”) und Farakhshinit, eine arabisierte Form des galloromanischen fraxinetu (“Eschenwald”), die sich im zweiten Namensteil von La Garde-Freinet wiederfindet. Dort hatten sich die Sarazenen, eine Festung gebaut und fast 100 Jahre lang die Handelswege zwischen Spanien, Italien und Frankreich überfallen. Das ‹Massif des Maures›, das Mohren-Massif, war nach ihren Raubzügen der perfekte Rückzugsort.
Nasr ibn Ahmad herrschte als Kaid ab 940 über die Halbinsel Saint-Tropez. Im Jahr 972 entführen die Muslime in Saint-Tropez den Abt Maïeul de Cluny und lassen ihn gegen Lösegeld frei. Dann werden sie 976 von Wilhelm I. Graf der Provence, Seigneur (Herr) von Grimaud, endgültig vertrieben. Er lässt 980 einen Turm an der heutigen Stelle des Suffren-Turms errichten, um die Stadt besser zu schützen.
Szenen- und Kulturwechsel. Ab 1436 versucht Graf René I. (der “gute König René”), die Provence neu zu bevölkern. Er gründet die Baronie Grimaud und wendet sich an den genuesischen Edelmann Raphael de Garezzio, der mit einer Flotte von Karavellen und in Begleitung von etwa 60 genuesischen Familien auf der Halbinsel landet. Im Gegenzug sollten die Tropéziens frei sein und von allen Steuern befreit werden. De Garezzio lässt eine Stadtmauer errichten, von der noch zwei Türme stehen: einer an der grossen Mole, der andere am Eingang zur “Ponche “.
Republik Saint-Tropez
Jetzt war die Stadt eine kleine Republik mit eigener Flotte und Armee. Im Jahr 1558 wird das Amt des Stadtkapitäns geschaffen, um die Autonomie der Stadt zu stärken. Und es gibt viel zu tun. Die Tropéziens widerstehen den Türken und den Spaniern, retten Fréjus und Antibes und helfen dem Erzbischof von Bordeaux bei der Rückeroberung der Lérins-Inseln. Am 15. Juni 1637 gelingt der ganz grosse Coup: Die Tropéziens besiegen eine Armada aus 21 spanische Galeeren. Jeden 15. Juni gedenkt man diesem Sieg mit der Bravade, wo tüchtig gefeuert und gefeiert wird.
Ende des 18. Jahrhunderts zählt Saint-Tropez neben Marseille und La Ciotat zu den drei grössten Häfen Südfrankreichs. Es ist der 12. April im Jahr 1887, als Guy de Maupassant mit seiner Yacht «Bel Ami» in Saint-Tropez festmacht. Das Buch «Sur l’eau“ über seinen Törn macht Saint-Tropez noch bekannter. Vier Jahre später legt der Maler Paul Signac, der schon in Paris auf der Seine segelte, mit seiner Yacht «Olympia» an. Es gefällt ihm auf Anhieb, er kauft ein Haus und malt hier im besonderen Licht der Côte. Er findet seinen Stil, seine Bilder werden farbiger und mutiger. Ganz begeistert lädt er Malerkollegen wie Henri Matisse und George Braque ein. Nebenbei segelt er und gründet den Yacht Club St. Tropez.
In Saint-Tropez entsteht Neues
Schriftstellerin Colette ist dermassen vom Ort entzückt, dass sie eine Villa kauft, «La Treille Muscate». Das spricht sich herum, viele Pariser Autoren und Schriftsteller verlassen Montparnasse und geniessen den sonnigen Süden. Das sind so viele, dass es Colette zu bunt wird und sie 1939 Saint-Tropez den Rücken kehrt: «Saint-Tropez à perdu de son charme et de sa tranquilité…».
Doch Saint-Tropez bleibt «in», da kann auch der Krieg nichts ändern. Am 15. August 1944 landet die Gruppe Delta der alliierten Flotte an den nahegelegenen Stränden und Saint-Tropez wird die erste befreite Stadt der Provence. Der Boulevard Patch zum Plage de Pampelonne erinnert noch heute an den US-General. Doch die Befreiung hat ihren Preis. Nach dem Krieg liegt nicht nur der Hafen in Trümmern.
Für den Neuaufbau ist eine acht Meter breite Allee geplant, die den Ort bei der Place des Lices durchqueren und bis zur Zitadelle hinaufführen soll. Ein Architekt schickt einen Hilferuf nach Paris, Minister Dautry macht der Horrorvision ein Ende, Saint-Tropez behält seinen Charme. Und der wirkt magisch weiter. Künstler und Intellektuelle bevölkern das Fischerdorf und reiten auf der Nouvelle Vague, die neuen Schwung in die Literatur, in die Musik und ins Kino bringt. Boris Vian, Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre machen das Hotel La Ponche zu ihrem Hauptquartier.
In den 1950er Jahren wird Saint-Tropez zu einem international bekannten Badeort, dank der Dreharbeiten zu «Et Dieu… créa la femme» (schlecht ins Deutsche übersetzt mit «… und immer lockt das Weib). Regisseur Roger Vadim begleitet Brigitte Bardot ins Sénéquier und parkiert seinen Ferrari California in einer Garage gleich nebenan beim heutigen Le Gorille. Der Film und mit ihm BB und das Fischerdorf werden zu internationalen Hits. Schon bald übertreffen Filmstars, Sternchen und Intellektuelle die Fischer im Hafen zahlenmässig. Françoise Sagan brettert mit ihrem Jaguar-Cabrio durch die Gassen und an den Strand, von «Bonjour Tristesse» keine Spur, sie feiert «le soleil, la vitesse, la fête et l’humour.» Die Yéyés aus Paris bringen Twist und Rock ‘n Roll im Gepäck mit, Saint-Tropez wird zum Synonym von Party, Freiheit und Lebensfreude. Playboy Gunter Sachs und Brigitte Bardot sind das neue Traumpaar und sorgen für Schlagzeilen in der Gossip-Presse. Der europäische und amerikanischen Jetset fällt ein und mit ihm die Tagestouristen, auf der Suche nach provenzalischer Authentizität oder eher Berühmtheiten.
Love it or leave it
Wer sich heute in der Hochsaison ab Sainte-Maxime im Stau um den Golf quält, wird nur schwer verstehen, warum er sich auf die mühsame Reise gemacht hat. Das soll ein Jetset-Hotspot sein? Übervolle Bars und Restaurants? Aufgepimpte Motoryachten im Hafen? Und wo sind die Berühmtheiten? Fehlanzeige. Wie überall gilt es auch hier die Gepflogenheiten der Habitués zu kennen. Die Stars flattern bevorzugt im Juni vorbei, wer sich im August hier blicken lässt, ist höchstens B-Prominenz oder Möchtegern-Star. Ist der Sommer vorbei, reisen die Segelstars zur Voiles an, engagiert von ambizionierten Eignern, die mit ihren Maxis partout gewinnen wollen. Brad Butterworth hier, Torben Grael dort und gleich nebendran Loïck Peyron. Und ja, Jochen Schümann macht den Taktiker auf der Wally Magic Carpet von Sir Owen Johns während Tausendsassa Bruno Troublé am Steuer einer hundertjährigen Klassikeryacht steht. Auch ich kann Name Dropping machen: Mit Eric Tabarly stand ich am Tresen im Sube, Peter Blake kreuzte ich auf dem Quai. Ist halt schon ein paar Jahre vorbei. In diesem Jahr machte auch der SailGP hier Etappe, die neue Garde der foilenden Gladiatoren mit Sir Ben Ainslie und Jimmy Spithill bevölkerte den Hafen.
Eine der ersten Maxis war die «Helisara» von Stardirigent Helmut von Karajan, die in den 80er Jahren im Hafen auftauchte und an der 2. Nioulargue teilnahm. 1984 gesellten sich mit «Velsheda» die erste J-Class dazu, flankiert von «Pen Duick» und «Longobarda». Gianni Agnelli kam mit seiner «Extrabeat» und schockte später mit seiner schwarzen «Stealth» und ihren nachtschwarzen Segeln – bei der Regatta wirkt er wie ein dunkler Raubvogel im Schwarm von weissen Tauben. Heute sind die Wallys und andere Maxis durchs Band mit Carbonsegeln unterwegs, die Klassikyachten bleiben zum Glück ihrer Segelfarbe treu. 1990 dann ein seltenes Bild: gleich fünf Dreimaster segeln durch den Golf. «Creole» (von Maurizio Gucci), «Aquarius», «Raphaelo», «Shenandoah» und «Fleurt Je» sind die Freude der Zuschauer und Fotografen. Die rechte Hafenseite des Vieux Ports ist für die klassischen Yachten reserviert. Die modernen Racer und imposanten Maxis machen im linken Teil fest. Und als Yachtwatcher ist man hin- und hergerissen: was gefällt besser, alt oder neu?
Les Voiles de Saint-Tropez
Sail hard, party soft
Rund 250 Yachten tummeln sich an den Regattatagen in der Bucht und sorgen für ein farbiges Segelspektakel. Das bunte Durcheinander ist gut organisiert, denn die verschiedenen Startergruppen von Klassik, Maxis, Modern sind klar definiert, niemand kommt sich in die Quere. Jede Kategorie ist nochmals mehrfach unterteilt, damit es zu übersichtlichen Regattagruppen kommt. Da es gleich mehrere Trophäen gibt, multipliziert sich auch die Zahl der Sieger – aber am Schluss haben sowieso alle gewonnen, denn hier lachen nicht nur die Gewinner. Unter den Teilnehmern auch bekannte Schweizer Regattiers wie Jürg Schneider mit seiner Swan-Ketch «Saida», Patrik Herzig mit seinem «Sonnenkönig» und Stig Jensen mit «Nostromino». Alain Marchand segelte bei der Trophée North Sails mit seiner «OttoCinque XL» auf den passenden 8. Rang. Aber wie gesagt, hier sind die Platzierungen eher zweitrangig. Not the winner takes it all – all are winners, wie ein Crewmember an der Bar treffend bemerkte…
www.lesvoilesdesaint-tropez.fr
Tadellose Partnerschaft – Rolex und Segeln
Die Marke Rolex steht für Präzision, Klasse und Beständigkeit. Genau diese Werte finden sich auch bei jenen Aktivitäten und Menschen wieder, mit denen das Unternehmen kooperiert. Seit fast 70 Jahren unterstützt die Uhrenmanufaktur als wichtiger und verlässlicher Partner den Segelsport weltweit. Der Name Rolex garantiert, dass die Rennen oder Regatten sowohl zu Wasser als auch zu Lande mit Herzblut und im Sinne der Teilnehmer organisiert werden. So fungiert Rolex für 15 grosse internationale Regatten als Titelsponsor, darunter legendäre Veranstaltungen wie Sydney Hobart Yacht Race, Middle Sea Race oder Fastnet Race, engagiert sich aber auch bei Grand-Prix-Regatten wie der TP 52 Weltmeisterschaft. Bei der TP 52 Super Series und Sail GP ist Rolex zudem offizieller Zeitnehmer. Beeindruckend auch die Reihe der Rolex-Markenbotschafter, zu denen Segelstars wie Paul Cayard, Hannah Mills oder Sir Ben Ainslie gehören. Nicht zuletzt fördert Rolex Yachtclubs, die eine ausgewogene Balance zwischen Tradition und Fortschritt aufweisen. Dazu zählen etwa der Cruising Yacht Club of Australia, der Royal Ocean Racing Club, der Yacht Club Costa Smeralda, der New York Yacht Club und der Royal Yacht Squadron. In Südfrankreich ist die Société Nautique de Saint-Tropez der ideale Partner für das Yachtingfestival „Les Voiles de Saint-Tropez“.
www.rolex.com